FRANK
WEDEKIND.
Sehr geehrter Herr SchröderRudolf Alexander Schröder, Schriftsteller und Redakteur der „Insel“ in München (Rottmannstraße 14, Gartenhaus) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1901, Teil II, Sp. 1286], gab gemeinsam mit Otto Julius Bierbaum und Alfred Walter Heymel die Monatsschrift „Die Insel“ heraus, in der Wedekind aktuell stark vertreten war; so war dort im Jahr 1900 nicht nur „Marquis von Keith“ (unter dem Titel „Münchner Scenen“) vorabgedruckt [vgl. KSA 4, S. 425], sondern im Vormonat war gerade der „Prolog zum Erdgeist“ [vgl. Die Insel, Jg. 2, 2. Quartal, Nr. 6, März 1901, S. 351-353] erschienen und im aktuellen Heft begann der Abdruck des Romanfragments „Mine-Haha“ [vgl. Die Insel, Jg. 2, 3. Quartal, Nr. 7, April 1901, S. 27-36; Nr. 8, Mai 1901, S. 93-111; Nr. 9, Juni 1901, S. 234-255].,
Sie erweisen mir eine außerordentliche
Auszeichnung, indem Sie mir von den fünfzig ExemplarenIn einem von Rudolf Alexander Schröder redaktionell verantworteten „Insel“-Heft ist zu seinem Band „Empedokles. Ein Gedicht“ (1901), der als Privatdruck der Zeitschrift „Die Insel“ in München erschienen ist (gedruckt in der Officin W. Drugulin in Leipzig), angemerkt: „Wir machen unsere Leser darauf aufmerksam, dass im Verlage der Insel ein Gedicht von Rudolf Alexander Schröder unter dem Titel Empedokles in Buch-Form erschienen ist. Das Buch ist in nur 50 numerierten Exemplaren gedruckt und somit eine grosse bibliophile Seltenheit. Da es nur durch die Redaktion der Insel direkt zu beziehen ist, bitten wir die Interessenten sich an uns zu wenden. Der Preis des Exemplares beträgt bis auf weiteres M. 15.“ [Die Insel, Jg. 2, 4. Quartal, Nr. 11, August 1901, S. 238] Der Insel-Verlag, aus der Zeitschrift „Die Insel“ hervorgegangen, wurde offiziell allerdings erst am 1.10.1901 in Leipzig gegründet: „Der Insel-Verlag in München, dessen Kommission bisher in den Händen der Firma Schuster & Loeffler in Berlin lag, wird demnächst in die Hände einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung übergehen, die die Firma Insel-Verlag G.m.b.H. führen und in Leipzig ihren Sitz haben wird.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 227, 28.9.1901, S. 7671] Ihres „Empedokles“ eines zum Geschenk machenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung (oder eine Widmung); erschlossenes Korrespondenzstück: Rudolf Alexander Schröder an Wedekind, 18.4.1901. Das Exemplar von Rudolf Alexander Schröders „Empedokles“ (siehe oben) dürfte Wedekind unter der Adresse des bereits so genannten Insel-Verlags aus München zugegangen sein (siehe oben), wie Reaktionen anderer Empfänger vermuten lassen. So schrieb Rainer Maria Rilke dem Verfasser am 22.4.1901: „Sehr verehrter Herr Rudolf Alexander Schröder, der Verlag der ‚Insel‘ sendet mir das Gedicht ‚Empedokles‘, ich vermute, daß dies in Ihrem Auftrag geschehen ist, und danke Ihnen“ [Rainer Maria Rilke: Briefe aus den Jahren 1892 bis 1904. Leipzig 1939, S. 157]; oder Hugo von Hofmannsthal schrieb ihm am 19.4.1901, er wolle ihm „nur in Eile [...] für das Buch ‚Empedokles‘ danken, von welchem mir mehrere Exemplare zugekommen sind“ [Hugo von Hofmannsthal: Briefe 1900-1909. Wien 1937, S. 42].. Der
Empedokles scheint | mir eines der Bücher zu sein, d in denen man gerne
oft und viel liest ohne sie trotzdem je auszulesen. Ich finde, dies Geschenk
müßte jedem klugen ernsten Menschen eine große Freude sein ‒ Umso höher weiß ich den Vorzug zu schätzen zu
Ihren | Auserwählten zu gehören. Der allerdings etwas resignierten
Weltanschauung die Sie in so schönen Formen gestalten, liegt die meinige wenn
ich aufrichtig gegen mich bin ziemlich nahe. Deshalb wird mir das Buch
jedenfalls immer ein lieber Gesellschafter | sein, besonders auch dannen
in Augenblicken, wo ich das Bedürfnis empfinde, allein zu sein.
Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind
München, im April 1901.