Sehr geehrter Herr DoctorDie Anrede bezieht sich nicht auf den akademischen Titel; dem Inhalt des Briefentwurfs und seiner Kontexte zufolge gilt sie bewusst ehrerbietig dem Inhaber des in Berlin (Am Cirkus 1) ansässigen „Circus Renz“ [Adreßbuch für Berlin 1897, Teil III, S. 96; Übersichtspläne der Theater, S. XV], dem Zirkusdirektor [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 1031], zugleich ein „Commissionsrath“ [Adreßbuch für Berlin 1897, Teil III, S. 96]; den Titularratstitel, der ehrenhalber für besondere Verdienste für das Gemeinwohl verliehen wurde, auch in der Presse verwendet: „Commissionsrath Franz Renz“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 303, 2.7.1897, Morgen-Ausgabe, S. 4]..
Mit gleicher Post erhalten Sie eingeschrieben das ManuscriptDas Manuskript von „Bethel. Große Pantomime in vier Bildern“ [KSA 3/II, S. 91-141], das Wedekind dem Zirkus Renz zur Aufführung überlassen wollte, ist nicht überliefert [vgl. KSA 3/II, S. 805, 831]. Der Zirkus hatte ihn offenbar beauftragt, die Pantomime zu verfassen [vgl. Wedekind an Wilhelm Bölsche, 30.4.1897], jedenfalls hat Wedekind die im Frühjahr 1897 entstandene Pantomime für den Zirkus Renz geschrieben [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 15.7.1897]. von
„Bethel“. Darf ich Sie nur bitten mir mittheilen zu wollen, unter welchen Honorarbedingungen, Sie dassel Sie
die Pantomime entgegen nehmen würden. Die EinstudierungEine Aufführung von „Bethel“ im Zirkus Renz kam nicht zustande, da das Unternehmen (mit den drei Häusern in Berlin, Breslau und Hamburg) am 31.7.1897 in den Konkurs ging, wie der Verfasser erfahren musste [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 15.7.1897]. Die Presse meldete: „Wie uns aus zuverlässiger Quelle mitgetheilt wird, hat Direktor Franz Renz [...] gestern gegenüber allen seinen Angestellten von seinem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, so daß am 1. August die völlige Auflösung des Cirkus Renz erfolgen wird. Dieser Entschluß des Direktors, durch welchen die lange und ruhmreiche Geschichte des Cirkus Renz einen jähen Abschluß erfährt, dürfte wohl in erster Linie daraus zurückzuführen sein, daß die beiden letzten Berliner Saisons infolge der Konkurrenz des neuen Cirkus Busch dem Renzschen Etablissement erhebliche Verluste gebracht haben.“ [Die Auflösung des Cirkus Renz. In: Berliner Tageblatt, Jg. 26, Nr. 327, 1.7.1897, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (2)] derselben wä/bin/
ich gern bereit zu leiten.Wedekind hat vor dem Punkt ein Einweisungszeichen notiert; der einzufügende Text ist nicht überliefert (er dürfte auf der gegenüberliegenden Seite des Notizbuchs notiert worden sein, aus dem das lose Einzelblatt stammt). Ihrer möglichst baldigen gefälligen Entgegnung
Mittheilung entgegensehend
hochachtungsvoll
Frank Wedekind.