Berlin 1.II 95Wedekind, der am 20.1.1895 in Berlin eintraf [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 169], war am 1.2.1895 seit zwölf Tagen in der Stadt..
9. Schumannstraße.
Lieber Paul Renner,
ich hatte um das RendezvousWedekind hatte Paul Renner, der auch schriftstellerisch tätig war, seinerzeit in Berlin Malerei studierte und später in München als Grafiker im Georg Müller Verlag Buchausgaben Wedekinds gestaltete, möglicherweise zu seiner privaten Lesung der im Manuskript weitgehend abgeschlossenen „Erdgeist“-Tragödie [vgl. KSA 3/II, S. 834] gebeten – er las sie in Berlin Max Halbe, Otto Erich Hartleben und Otto Julius Bierbaum vor [vgl. Wedekind an Hans Kaeslin, 2.2.1895].
gebeten, um einem etwas unvermittelten Naturereigniß ein wenig organischen Halt
zu verleihen. Nebenbei bewog mich auch das reine ganz persönliche Interesse
dazu. Ich bedaure aufrichtig, | daß ich mich BirnenbaumSchreibversehen (oder Verballhornung), statt: Bierbaum. wegen noch acht Tage
gedulden mußte. Was die KellerfestberathungBeratschlagung über ein für 1895 geplantes Kellerfest, das wie 1893 und 1894 in München stattfinden sollte. So hatte Otto Erich Hartleben seiner Frau Selma Hartleben (geb. Hesse) am 8.7.1893 aus München geschrieben: „Bierbaum, [...] Halbe [...] u.s.w. lassen dich grüßen, heut Abend vom Kellerfest werden wir dir eine gemeinschaftliche Bierkarte schreiben.“ [Heitmüller 1908, S. 164] Das war „das große Kellerfest (genannt Drei-Kellerfest) des deutschen Journalisten- und Schriftstellertages [...] unter Leitung künstlerischer Kräfte“ [Das Drei-Kellerfest. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 46, Nr. 307, 8.7.1893, Vorabendblatt, S. 3] am 8.7.1893 in München; es hatte zuletzt am 1.12.1894 ein „Kellerfest des ‚Münchner Journalisten- und Schriftstellervereins‘“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 48, Nr. 253, 27.5.1895, Generalanzeiger, S. 1] gegeben. betrifft, so hatte ich schon Mittwoch
vor acht Tagenvor gut einer Woche (neun Tage) der 23.1.1895 (Mittwoch); möglicherweise fand an diesem Tag die private „Erdgeist“-Lesung statt (siehe oben). Wedekind hatte „in der Berliner Wohnung Hartlebens, um Unterstützung für eine Aufführung des ‚Erdgeist‘ zu erreichen, seine Tragödie einem engeren Kreis naturalistischer Schriftsteller vorgelesen“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 178]. Otto Erich Hartleben wohnte seinerzeit in Berlin (Karlstraße 32) [Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 465]. Hartleben erklärt, er möge nicht auf meine Theilnahme dabei
rechnen. Mit Halbe und Hartleben zusammen zu arbeiten, war mir eine Ehre, die
ich gerne so gut wie | möglich verdient hätte. Alles Übrige liegt außerhalb
meines Ehrgeizes sowol wie meines Könnens.
Mit herzlichem Gruß Dein
Frank Wedekind.