PettighofenEmilie (Mati) Wedekind, die von 1899 bis 1902 in Pettighofen bei der Unternehmerfamilie Hamburger als Hauslehrerin und Hausdame tätig gewesen ist [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 323], war nun zu Besuch bei dieser Familie. 17. Mai 1904
Mein lieber Frank
wie geht es Dir? Ich bekam letzthin eine KarteDie Gruppenpostkarte aus München an Emilie (Mati) Wedekind ist nicht überliefert.
von EeurerSchreibversehen, statt: Eurer. Gesellschaft, aber Du warst nicht mit dabei.
Ich führe hier ein außerordentlich gesundes
Leben. Abends um 9 geht man zu Bett und steht um ½ 8 auf. Die Menschen
sind reizend. Man taucht hier unter im Grünen und allerlei andern ländlichen
Genüssen. Das größte Vergnügen, | entschuldige den banalen Ausdruck, bereitet
es mir aber mit meinen Gedanken im herrlichen München und in Deiner lieben
Gesellschaft zu weilen. Diese 6 WochenEmilie (Mati) Wedekind traf am 29.3.1904 bei ihrem Bruder in München ein und blieb dort (mit kurzer Unterbrechung durch eine Reise nach Lenzburg vom 2. bis 4.4.1904) bis zum 9.5.1904, wie Frank Wedekind im Tagebuch festhielt: „Mati reist ab nach Pettighofen.“ sind eine Epoche in meinem Leben, sie
haben meine Lebensgeister mächtig angeregt und mir wieder so mancherlei
Interesse geweckt, das am einschlummern war. In Lenzburg scheinen sie schon mit Ungeduld
auf mein Erlebtes zu warten. Otti Bertschinger schrieb mir einen reizenden
BriefOtto Bertschingers Brief an Emilie (Mati) Wedekind ist nicht überliefert.. Nur bin ich mir | nie so recht klar, ob er Dich durch mich oder mich
durch Dich meint. Auf jeden Fall ist der Brief eine gute Waffe gegen Mamas Eingriffe in
meine Lebensweise.
Ist Hidalla schon herausWedekind versandte seinem Tagebuch zufolge die Buchausgabe seines Schauspiels „Hidalla oder Sein und Haben“ am 31.5.1904 („Exemplare von Hidalla verschickt“), ihr Erscheinen im Verlag von Dr. J. Marchlewski und Co. in München war allerdings erst einige Tage später angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 71, Nr. 132, 10.6.1904, S. 5042].? Wenn ja, darf ich Dich um ein Exemplar mit einer Widmung
von Deiner Hand bitten? Ich bin außerordentlich gespannt darauf und möchte mir
doch vor allem mein eigenes Urteil darüber bilden. Bitte schicke | es mir so bald wie möglich. Man kann hier so
ruhig und unbeeinflußt über alles nachdenken.
Am nächsten Mittwochwohl der 25.5.1904 (nicht der 18.5.1904, das wäre der nächste Tag gewesen). werde ich von hier abreisen
und somit am Donnerstagwohl der 26.5.1904 (nicht der 19.5.1904). in Lenzburg sein.
Sei herzlich bedankt für Deine Freundlichkeit,
mit der Du mir in München entgegenkamst. G/V/iele Grüße an all meine
lieben Bekannten.
Dein altes Mati.