Kennung: 2142

Lenzburg, 23. September 1890 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Emilie (Mati)

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lenzburg d. 23. Sept. 1890.


Mein geliebter Bebi!

Ich kann nicht mehr anders als Dir mittheilen was ich in den letzten Tagen empfunden habe. Du weißt daß ich mich sehr gefreut habe bis Doda nach Hause kamDonald Wedekind war in den Schulferien vom 13.8.1890 bis 17.9.1890 bei seinem Bruder Frank Wedekind in München gewesen [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 147] und ist dann zu seiner Mutter nach Lenzburg zurückgekehrt.; aber leider habe ich sehen müssen daß mit ihm Krieg und Unfriede eingezogen ist. Er ist manchmal so gegen Mama daß er sich schämen sollte als Sohn seiner Mutter auf diese Weise entgegenzutreten. Da nun Mama sieht daß ich ihn dennoch lieb habe so denkt sie natürlich mit mir werde es einmal auch | so weit kommen. Darüber ist sie natürlich ganz untröstlich. Nun habe ich den Plan im Frühling nicht nach Hause zu kommen ganz umgestürzt. Ich werde so thun wie Mama es haben will und werde ihr dadurch ihr Leben ein wenig leichter machen, denn daß es ihr bei all ihren Sorgen schwehr wird ist gar keine Frage. Jetzt denke dir wenn ich sie jetzt auch noch verlassen wollte. Ich glaube sie würde verzweifeln. Dazu wird Mieze ja doch bald heiratenErika Wedekind und Walther Oschwald haben erst am 15.10.1898 geheiratet. und dann hätte Mama ja keinen Menschen zu Hause der ihr beistehen würde. Hoffentlich begreifst Du mich und wirst nicht schlecht | von mir denken wenn ich deinen gutgemeinten Ratschlägen nicht Folge leisten kann. Daß mich Doda verwerfen wird weiß ich schon, es thut mir auch schrecklich weh seine Liebe zu mir verlieren zu müssen aber ich kann weiß Gott nicht anders handeln als wie ich es für recht halte. Hoffentlich giebst Du ihm gute Worte daß er doch auch noch ein wenig für mich übrig hat und hoffentlich wirst Du selbst mich auch fernerhin auch noch so weiter achten wie Du es bis her gethan hast. Schreibe Mama oder Mieze nichts von ihrem Verhältniß mith Walter Oschwald denn ich selbst | sollte ja noch nichts davon wissen. Gelt Du schreibst mir recht bald D was Du zu meinen Gedanken sagst. Aber wenn es Dir nicht gefällt so verdamme mich nicht zu arg denn es würde mich furchtbar unglücklich machen wenn ich denken müßte daß mich mein Bruder verachtet. Ja denke nur, Mama glaubt sogar wir drei wollten sie zu Grunde richten. Aber gelt Du schreibst Mama gar nichts von dem was ich Dir hier schreibe. In der Hoffnung baldige Antwort von Dir zu erhalten verbleibe ich deine treue und dich liebende Schwester
Mati.


[Seite 4 am linken Rand um 90 Grad gedreht:]

Nach der Weinlese werde ich in die französische Schweiz abreisen.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Rautiertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    23. September 1890 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 308
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Emilie (Mati) Wedekind an Frank Wedekind, 23.9.1890. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (03.12.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

27.09.2021 18:46