Kennung: 2137

Darmstadt, 23. Juli 1889 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Emilie (Mati)

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Darmstadt d. 23. Juli 1889.


Mein lieber Bebi!

Hier schicke ich dir neben vielen herzlichen Glückwünschen, ein kleines Andenken. Ich hoffe Du brauchst es recht oft und habest immer so viele RabenSchreibversehen, statt: Rappen (die Kleinmünzen zum Schweizer Franken); allerdings sind Raben auch ungarische Dukaten mit dem Bild eines Raben [vgl. DWB, Bd. 14, Sp. 6]; gemeint ist Geld. übrig um es mit den feinsten Cigarren zu füllen. Du könntest wohl einmal herkommen und mich besuchen. Hoffentlich kommst Du an Weihnachten auch nach Hause; dann kommt villeichtSchreibversehen, statt: vielleicht. Mamma hier her und Du kommst von Berlin hier her und wir fahren | ganz fröhlich und wohlgemut zu dritt nach Hause. Das wäre doch gewiß ganz fammoßfamos = fabelhaft; ausgezeichnet; großartig.. Denke dir seidSchreibversehen, statt: seit. 14 Tagen habe ich von zu Haus keinen Brief mehr erhalten. Wenn Du etwas weißt warum sie mir nicht schreiben so benachrichtige mich bitte davon. Wie geht es dir denn eigentlich in deinem alten Berlin. Hast Du Frl. Herzog immer noch als Visavieals Gegenüber; von: vis-à-vie (frz.) = gegenüber. Wedekind, der nach seiner Ankunft in Berlin am 6.5.1889 zunächst in einem Hotel wohnte, hat am 19.5.1889 in Berlin ein Zimmer bei dem Portier W. Pansegrau und dessen Frau gemietet – Genthinerstraße 28 (4. Stock); inzwischen hatte er Berlin allerdings verlassen müssen und war seit dem 5.7.1889 wieder in München. Die Opernsängerin Emilie Herzog war erst kürzlich von München nach Berlin gegangen und dort dann gemeldet Lützowstraße 20 [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1890, Teil I, S. 463].. Denke dir wir hatten schon 3 Wochen Ferien und haben jetzt noch 4 das wäre doch zu schön 2 Wochen. Von meiner Freundin habe ich gehört daß am letzten Freitag Jugendfest war | und daß da unser holdes Schwesterlein sehr schön gesungenErika Wedekind berichtete dem Bruder über ihren Gesangsauftritt auf dem diesjährigen Jugendfest in Lenzburg am 19.7.1889 [vgl. Erika Wedekind an Frank Wedekind. Lenzburg, 23.7.1889]. habe. Ich habe gehört daß Mama in Paris ist. Ach es wundert mich gar nicht. Nimmt mich nur wunder ob sie solo gegangen ist. Hast du noch nichts von Doda gehört? Es nimmt mich eigentlich recht wunder wo er herum fagirtfagieren (rhein.), vagieren (südhess., vor allem in Darmstadt) = beim Sprechen mit den Händen herumfuchteln.. Ich glaube halt nur er macht’s wie WillyWilliam Wedekind war 1889 von seiner Reise in die USA nach Lenzburg zurückgekehrt (und wanderte im selben Jahr nach Südafrika aus). Donald Wedekind war im Februar 1889 in die USA gereist und kam Ende November zurück. Er berichtete seiner Schwester erst kurz vor seiner Rückreise nach Europa über seine Reise nach Amerika und seinen Aufenthalt dort [vgl. Donald Wedekind an Emilie (Mati) Wedekind, 17.11.1889; Auszug: Vinçon 2021, Bd. 2, S. 138]. und ist uhrplötzlichSchreibversehen, statt: urplötzlich. zu Hause. Daß Willy am 26. Juli HochzeitWilliam Wedekind heiratete seine Cousine Anna Kammerer aus New York am 25.7.1889 in Zürich. hat wirst wohl schon gehört haben. Ich hätte nie geglaubt daß er Ernst macht. | Schreibe mir doch wie alt Du bist und wie alt Hammi im nächsten FebruarArmin Wedekinds nächster Geburtstag war am 29.1.1890, er wurde 27 Jahre alt. wird. Jetzt muß ich aber zu Ende gehen mit meinem Brief, denn bald kommt der Briefbote und dem will ich meinen Brief mitgeben. Hoffentlich bringt mir der Briefbote heute einen Brief von zu Hause. Nun adieu mein teurer Bruder. Es wünscht dir mit 10,000,000,000,000,000,000,000,000,000 Küßen noch vieles ebenso vieles Glück zu deinem GeburtstagWedekinds 24. Geburtstag am 24.7.1889. dein dich innig liebendes Schwesterchen
Mati.


[Seite 1 oben links um 90 Grad gedreht:]

Bitte schreibe recht baldvierundvierzigmal unterstrichen..

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der Empfangsort ist durch das Tagebuch belegt. Wedekind war seit dem 5.7.1889 wieder in München, seine Schwester nahm aber an, er sei noch in Berlin, wohin sie den dann wohl nachgesendeten Brief adressiert haben dürfte.

  • Schreibort

    Darmstadt
    23. Juli 1889 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Darmstadt
    Datum unbekannt

  • Zwischenstation

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 308
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Emilie (Mati) Wedekind an Frank Wedekind, 23.7.1889. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

06.10.2021 12:36