LITTERARISCHE GESELLSCHAFT IN LEIPZIG
VORSITZENDER:
KURT MARTENS,
HAYDNSTR. 1, PT.
THEATER-LEITER UND SCHATZMEISTER:
DR. CARL HEINE,
LAMPESTR. 3, II.
SPRECHSTUNDE: 4–5 UHR.
SCHRIFTFÜHRER:
C. HANS V. WEBER,
SCHLEUSSIGER WEG 1A PT.
SPRECHSTUNDE: 12–1 UHR.
am 9. October 1897.
Sehr verehrter Herr Wedekind,
Im Namen der Litterarischen GesellschaftVorsitzender der Literarischen Gesellschaft in Leipzig (Lampestraße 3) war der Schriftsteller Kurt Martens, Schriftführer der Schriftsteller Hans von Weber, Schatzmeister und artistischer Direktor der Privatgelehrte Dr. phil. Carl Heine [vgl. Leipziger Adreß-Buch für 1898, Teil II, S. 220], wie aus dem gedruckten Briefkopf hervorgeht. Die 1895 gegründete Literarischen Gesellschaft hatte sich die „Aufführung mod. Dramen durch eigenes Ensemble u. Veranstaltung litter. Gesellschaftsabende (mit Vorträgen)“ [Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1898, Teil I, Sp. 33] zur Aufgabe gemacht. erlaube ich mir die Anfrage, ob Sie geneigt wären, uns die einmalige Aufführung vom ersten AktWedekinds Tragödie „Der Erdgeist“ (1895) wurde von der Literarischen Gesellschaft in Leipzig unter der Regie von Carl Heine an dessen neugegründetem Ibsen-Theater am 25.2.1898 im Theatersaal des Leipziger Kristallpalastes uraufgeführt (die erste Wedekind-Inszenierung überhaupt), das gesamte Stück, nicht bloß der 1. Akt. Ihres „Erdgeist“, event. auch der „Kaiserin von NeufundlandDie Uraufführung von Wedekinds in der Sammlung „Die Fürstin Russalka“ (1897) veröffentlichter Tanzpantomime „Die Kaiserin von Neufundland“ durch die Literarische Gesellschaft in Leipzig kam nicht zustande (siehe die nachfolgende Korrespondenz).“ zu gestatten. Der „Erdgeist“ als Ganzes ist leider bei einigen Herren des Lese-|Komitéʼs auf Widerspruch gestoßen. Auch die Phantomime könnte Dr. Heine, äußerer Schwierigkeiten wegen, nur mit Kürzungen einstudieren.
Ferner würden wir uns freuen, wenn sie im Lauf des Winters einmal bei uns lesenWedekinds von der Literarischen Gesellschaft veranstaltete Lesung fand am 26.11.1897 statt, angekündigt: „In der Literarischen Gesellschaft in Leipzig, deren erster Gesellschafts-Abend nächsten Freitag, den 26. d. M., pünctlich 8 Uhr im oberen Saale des Hotel de Pologne stattfindet, wird zunächst der Kunsthistoriker Georg Fuchs einen Vortrag über die junge Bewegung im Kunstgewerbe halten [...]. Im zweiten Theile des Abends wird der Dichter Frank Wedekind Scenen der Kinder-Tragödie ‚Frühlings-Erwachen‘, sowie Einiges aus seiner grotesk-komischen Lyrik recitiren. Der Besuch der Gesellschafts-Abende ist nur Mitgliedern gestattet.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 91, Nr. 599, 24.11.1897, Morgen-Ausgabe, S. 8636] wollten. Als Entgelt pflegen wir, je nach Wunsch, die Reisekosten II. Cl. oder 50 M. zu bieten. Die Gesellschafts-Abende, von denen in diesem Winter fünfDie Presse kündigte dazu an: „Die Literarische Gesellschaft in Leipzig wird in den fünf Vortragsabenden, die sie neben den Theater-Aufführungen für diesen Winter vorbereitet, ihre eigentliche Aufgabe, die Pflege unserer jungen, aufblühenden Dichtung, dahin erweitern, daß sie auch die moderne bildende Kunst, Frauenfrage und Philosophie in den Bereich ihrer Darbietungen zieht.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 91, Nr. 531, 18.10.1897, Morgen-Ausgabe, S. 7648] stattfinden, sind im Prinzip auf einen FreitagDer erste Gesellschafts-Abend, an dem Wedekinds Lesung stattfand (siehe oben), war ein Freitag (der 26.11.1897). gelegt und finden, ebenso wie die Theater-Aufführungen, nur vor dem geschlossnen KreiseDas war neu, wie mitgeteilt wurde: „Die Veranstaltungen der Litterarischen Gesellschaft sind nicht mehr öffentlich; nur die Erwerbung der Mitgliedschaft berechtigt zu dem Besuch.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 91, Nr. 526, 15.10.1897, Morgen-Ausgabe, 1. Beilage, S. 7555] unsrer Mitglieder statt. Falls Sie einwilligen, teilen Sie uns, bitte, mit, in welchem/n/ Monaten wir auf Sie rechnen dürfen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebener
Kurt Martens.