Sehr geehrter Herr Doctor!
Ihre liebenswürdigen Zeilenvgl. Walther Rathenau an Wedekind, 14.10.1905. beantworte ich erst heuteWalther Rathenau legte Wedekinds Brief seinem Brief an Maximilian Harden vom 18.10.1905 bei: „Cher, dies schreibt Wedekind.“ [Hellige 1983, S. 433], weil
unser Repertoirder Spielplan des Kleinen Theaters (Direktion: Victor Barnowsky) in Berlin, in dem Wedekind fast allabendlich als Karl Hetmann in der „Hidalla“-Inszenierung auf der Bühne stand. für diese Woche nicht früher fest stand. Leider | habe ich
nun außer Sonnabendder 21.10.1905 (Samstag), an dem Wedekind allerdings einen Auftritt in „Hidalla“ (siehe oben) notierte [vgl. Tb]. jeden Abend zu thun und am Sonntagder 22.10.1905, an dem Wedekind notierte: „Abends mit Detlev von Lilienkron Vortrag im Bethovensaal.“ [Tb] Der gemeinsame Leseabend mit Detlev von Liliencron im Beethovensaal in Berlin (Köthener Straße 28) begann um 20 Uhr und war angekündigt als „Vortrag eigener Werke“ [Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 539, 22.10.1905, Sonntags-Ausgabe, 5. Beiblatt, S. (3)]. soll ich mit Lilienkron
zusammen sprechen, was mir auch einiges Kopfzerbrechen macht, da ich dem
Publicum nicht viel NeuesWedekind las am 22.10.1905 im Beethovensaal (siehe oben) „V Act Marquis von Keit. Gedichte. Schutzimpfung.“ [Tb] zu bieten habe. Außerdem sind an | den
Vormittagen UmbesetzungsprobenDie weibliche Hauptrolle der Fanny Kettler hatte bis dahin Gertrud Arnold gespielt – dem Tagebuch zufolge kam Tilly Newes am 18.10.1905 in Berlin an („Ankunft von Tilly Newes“), mit der Wedekind am 23.10.1905 probte („Morgens Probe von Hidalla. Dann studiere ich mit T.N. bei mir“) und die am 27.10.1905 erstmals in der Rolle auftrat („Erstes Auftreten von Tilly Newes“).. Ich wäre Ihnen daher für ein Zusammentreffen um
so dankbarer, wenn wir uns in der nächsten Woche treffen könnten. Ihre Aufsätze
über MalereiWalther Rathenau hatte Wedekind seinen unter Pseudonym veröffentlichten neuen Aufsatz [vgl. Ernst Reinhart: Von neuzeitlicher Malkunst. Zur Kritik der Moderne. In: Die Zukunft, Jg. 14, Nr. 1, 7.10.1905, S. 11-25] zugeschickt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 9.10.1905], der in jeweils betitelte Abschnitte gegliedert war. habe ich mit größtem Genuß gelesen. Das wären Worte, die sich
meinem Gefühl nach | in erster Linie zum lebendigen Vortrag eignen, da der
be/au/ßerordentliche Gedankenreichtum aus dem gedruckten Wort heraus
nicht gerade leicht zu erfassen ist. Ich freue mich sehr darauf, mit Ihnen
darüber sprechen zu können./,/ wenn Ihre Zeit Ihnen das in nächster
Woche gestattet.
Mit ergebenstem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.
17.10.5.