Kennung: 193

München, 5. Februar 1901 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Halbe, Max

Inhalt

FRANK WEDEKIND.


Lieber Max,

Du erlaubst mir, Dir beiliegenden Grußnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Erika Wedekind, 5.2.1901. Erika Wedekind war als Hofopernsängerin am Dresdner Hoftheater engagiert [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 320], wo auch das neueste Stück Max Halbes uraufgeführt werden sollte (siehe unten). an meine liebe Schwester aufzutragen. Sie selbst ist von Deinem Aufenthalt in DresdenMax Halbe ist zur Uraufführung seines Schauspiels „Haus Rosenhagen“ (1901) nach Dresden gereist, die am 14.2.1901 am Dresdner Hoftheater stattfand, vermutlich bereits, wie in Wien (siehe unten), zu den Proben. Er traf am 7.2.1901 um 19 Uhr in Dresden ein, wie er Luise Halbe in seinem an diesem Tag geschriebenen Brief (gedruckter Briefkopf: „Weber’s Hôtel“) von dort mitteilte: „Vor einer Stunde, sieben Uhr Abends, bin ich glücklich hier angelangt und wohne im obigen Hotel, wo ich sehr gut aufgehoben zu sein scheine.“ [Mü, MH B 589] In der Presse war angekündigt: „Max Halbe hat sein neuestes dramatisches Werk, das dreiaktige Drama ‚Haus Rosenhagen‘ der Generaldirektion der Königl. Hoftheater zur ersten Aufführung überlassen. ‚Haus Rosenhagen‘ wird nach den vorläufigen Dispositionen in der ersten Hälfte des Monats Februar am Königl. Schauspielhause zum ersten Male in Scene gehen.“ [Dresdner Nachrichten, Nr. 15, 15.1.1901, S. (3); vgl. Dresdner Journal, Nr. 11, 14.1.1901, nachmittags, S. 85] schon seit | vierzehn Tagen unterrichtet. Daß ich mich hoch und herzlich über Deine Siege und Eroberung WienʼsMax Halbes Drama „Jugend“ (1893), das in Österreich bis dahin von der Zensur verboten war, hatte am 23.1.1901 am Deutschen Volkstheater in Wien Premiere, die österreichische Erstaufführung, die ein großer Erfolg war. „Ein Beifallssturm erbrauste [...]. Der Dichter Max Halbe wurde [...] lärmend gefeiert [...]. Nach dem ersten Akte stürmte ihn ein frenetischer Achtungsapplaus hervor, der nach dem zweiten und letzten Aufzuge ehrliche Begeisterung war.“ [o. t–b.: „Jugend.“ (Ein Liebesdrama in drei Aufzügen von Max Halbe. – Zum erstenmal im Deutschen Volkstheater aufgeführt am 23.Jänner.) In: Neues Wiener Journal, Jg. 9, Nr. 2605, 24.1.1901, S. 8] Der Autor war bei der Premiere dabei: „Herr Max Halbe, der Dichter des Liebesdramas ‚Jugend‘, wird morgen (Mittwoch) im Deutschen Volkstheater der ersten Aufführung seines Werkes beiwohnen.“ [Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 6861, 23.1.1901, S. 4] Er war bereits zu den Proben angereist: „Max Halbe ist in Wien eingetroffen, um an den Proben zur Aufführung seines Schauspiels ‚Jugend‘ am Deutschen Volkstheater theilzunehmen.“ [Neues Wiener Abendblatt, Jg. 35, Nr. 16, 16.1.1901, S. 4] und über den rauschenden Beifall gefreut habe, brauche ich Dir nicht zu sagen.

Auf den 16.am 16.2.1901, das Premierendatum der Inszenierung von Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ (1899) am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg), bei der er die Hauptrolle des Gerardo spielte – mit Erfolg: „Der gestrige Einakter-Abend verlief sehr angeregt. [...] Mit dem ‚Kammersänger‘ von Frank Wedekind wurden wir schon im letzten Sommer durch das Gastspiel des Heine-Ensembles bekannt gemacht. Die Attraktion der zweiten ‚Erstausführung‘ war das Auftreten des Verfassers in der Titelrolle.“ [Rth. (d.i. Willy Rath): Münchner Schauspielhaus. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 82, 18.2.1901, S. 4]. Der Einakter wurde achtmal gespielt [vgl. Seehaus 1973, S. 730]. Wedekind spielte in 5 der 8 Vorstellungen die Hauptrolle [vgl. Frank Wedekind an Erika Wedekind, 26.2.1901]. ds hat Stollberg den Kammersänger angesetzt. Ich bin in großer Aufregung | über mein neues DebutWedekinds Auftritt im „Kammersänger“ am 16.2.1901 (siehe oben); hier entweder Anspielung auf die erste Aufführung des Einakters in München, die Premiere am 24.7.1900 im Münchner Schauspielhaus durch das Gastspiel des Berliner Dr. Heine Ensembles (Direktion: Carl Heine) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 262] ohne Wedekinds Mitwirkung [vgl. Münchner Schauspielhaus. (Gastspiel des Berliner Ensembles. Zum ersten Male: „Der Kammersänger“. Drei Szenen von Frank Wedekind.) In: Münchner Neueste Nachrichte, Jg. 53, Nr. 342, 26.7.1900, S. 2], oder Anspielung auf sein erstes Auftreten in einem eigenen Stück am Münchner Schauspielhaus, sein Auftritt als Dr. Schön im „Erdgeist“ am 29.10.1898, bei dem Wedekind bei Publikum und Kritik durchgefallen war [vgl. KSA 3/II, S. 1203, 1220-1222]; unmittelbar nach der Premiere, die zugleich die letzte Vorstellung war, floh er aus München, um der Strafverfolgung in der „Simplicissimus“-Affäre zu entgehen [vgl. Wedekind an Beate Heine, 12.11.1898]. aber das Lampenfieber thut mir sehr gut. Gestern waren wir auf dem BauernballBauernbälle fanden in München im Zuge des Karnevals statt (mit entsprechend ländlich geprägter Kostümierung), in der Regel von Vereinen veranstaltet. So wurde etwa für „Faschingsdienstag“ ein „großer Bauernball“ [Gebirgstracht-Erhaltungs-Verein „Birkenstoana“ München. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 57, 4.2.1901, General-Anzeiger, S. 1] angekündigt, oder für den 6.2.1901: „Der Seerosenbund veranstaltet am nächsten Mittwoch [...] einen Bauernball“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 59, 5.2.1901, S. 8] Der Bauernball, den Wedekind und Luise Halbe am 4.2.1901 besuchten, ist nicht ermittelt; es dürfte sich um eines der Künstlerfeste gehandelt haben, die zur Faschingszeit in München veranstaltet wurden – vermutlich sind sie „zu dem als Münchner Spezialität berühmt gewordenen ‚Schwabinger Bauernball‘“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 53, Nr. 63, 8.2.1900, Vorabendblatt, S. 3] gegangen., haben uns sehr gut amüsirt. Die Müdigkeit hatte Louise leider veranlaßt früh nach Haus zu gehen. Wir fr Alle freuen uns sehr darauf Dich recht bald wiederzusehen. | Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen

Dein getreuer
Frank.


München 5.2.1901.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12 x 18,5 cm. Mit gedrucktem Briefkopf.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Brief enthält oben auf Seite 1 von fremder Hand (Max Halbe?) einen Bleistiftvermerk: „Nr. 1.“

Datum, Schreibort und Zustellweg

Empfangsort dürfte Dresden gewesen sein (wie Max Halbes am 7.2.1901 in Dresden geschriebener Brief an Luise Halbe vermuten lässt).

  • Schreibort

    München
    5. Februar 1901 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Dresden
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Max Halbe
Signatur des Dokuments:
MH B 321
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Max Halbe, 5.2.1901. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

17.10.2024 17:55