Hochverehrter
Herr Wedekind!
Auf einen so lieben, herzerfreuenden Grußnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Siegfried Raabe, 11.11.1915., wie
Sie ihn mir jetzt sandten, kann ich nicht bloß mit der gedruckten, kühlen
Danksagung antworten. Ich danke Ihnen wirklich von Herzen und es ist mir eine
besondere Freude, daß es mir in den letzten Monaten oft vergönnt war, ‒ und hoffentlich auch in Zukunft oft vergönnt
sein wird, meine herzlichen Dank durch eine vielleicht unvollkommene aber
jedenfalls mit echter Empfindung gespielte Wiedergabe Ihres wundervollen „Professor DühringSiegfried Raabe in München (Akademiestraße 23), Oberspielleiter und Schauspieler am Münchner Schauspielhaus [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 508], der gelegentlich Rollen aus Stücken Wedekinds spielte, hat die Figur des Professor Dühring aus Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ mehrfach gespielt, am Schauspielhaus in „München 1904, 1907, 1908, 1915 und 1917“ [Seehaus 1973, S. 285], „nicht jedoch in den großen Zyklen“ [Seehaus 1973, S. 200], den Münchner Wedekind-Zyklen 1909 bis 1911. Er war vor seinem Bühnenjubiläum seit dem Sommer in Georg Stollbergs „Kammersänger“-Inszenierung (Premiere: 19.6.1915) in der Rolle zu sehen, zuletzt am 5. und 10.11.1915, dann wieder am 27. und 28.11.1915. Die Kritik urteilte: „Siegfried Raabe gibt den alten Musikus mit überzeugender Einfachheit.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 311, 21.6.1915, Morgenblatt, S. 2]“ betätigen zu | dürfen. Mit innigem
Dank und herzlichem Gruß
Ihr
Siegfried Raabe.
[Foto]
SIEGFRIED RAABE ALS PFARRER HOPPEFigur aus Max Halbes Drama „Jugend“ (1893), die Paraderolle von Siegfried Raabe,
JUGEND
Zu meinem
vierzigjährigen JubiläumDieses Bühnenjubiläum des Schauspielers und Oberspielleiters Siegfried Raabe galt als ein bedeutendes kulturelles Ereignis [vgl. Raabe-Jubiläum im Schauspielhaus. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 580, 13.11.1915, Vorabendblatt, S. 2f.], das am 11.11.1915 im Münchner Schauspielhaus begangen wurde: „Siegfried Raabe, Charakterdarsteller am Münchner Schauspielhaus und ältestes Mitglied dieser Bühne, feiert sein 40jähriges Künstlerjubiläum. Mit 18 Jahren betrat er [...] die Bühne seiner Vaterstadt Danzig. Nach etlichen Wanderjahren“ kam er „1897 nach München, wo er seitdem ununterbrochen wirkt. Am Morgen des Festtages fand auf der Bühne eine Feier statt, an der sich außer der Direktion auch die anderen Bühnen beteiligten. Am Abend spielte der Jubilar in Wittenbauers ‚Privatdozent‘ den Prof. Prutz unter reichen Ehrungen.“ [Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 133] haben Sie meiner so liebenswürdig und gütig gedacht
und mich dadurch hocherfreut. Ich danke Ihnen dafür von ganzem Herzen!
München, im November
1915.
Siegfried Raabe.