HOTEL TEGETTHOFF, I. JOHANNESGASSE 23, WIEN.
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TEGETTHOFFHOTEL, WIEN.
Sehr verehrter Herr Bahr!
Für Ihre liebenswürdige herzliche Aufforderungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr an Wedekind, 4.5.1908. Es handelte sich um eine Einladung zum Essen (siehe unten). sage ich
Ihnen meinen herzlichsten Dank. Es wäre mir allerdings schmerzlich gewesen,
wenn wir auch diesha diesmal wiederWedekind, der seit dem 26.4.1908 zu den Proben für die Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ am Deutschen Volkstheater (Premiere: 9.5.1908) in Wien war, bezieht sich auf eine frühere flüchtige Begegnung mit Hermann Bahr in Verbindung mit einer gerade zurückliegenden Begegnung. Er dürfte einerseits an den „Vortrag von Hermann Bahr“ [Tb] am 31.10.1907 in Berlin gedacht haben, andererseits an den Vortrag Hermann Bahrs über den österreichischen Schriftsteller und Journalisten Ferdinand Kürnberger am 27.4.1908 in Wien, den Wedekind besuchte „Abends Kürenberger-Vortrag von Hermann Bahr“ [Tb]. Er konnte mit Hermann Bahr, der am 27.4.1908 knapp „Montag Kürnberger Vorles[un]g“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 375] notierte, nach dem Vortrag nur ein paar Worte sprechen, da dieser gleich nach Hause fuhr [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 29.4.1908]. mit einem freundlichen Kopfnicken an
einander vorüber gegangen wären./,/ denn die Menschen, die wir schätzen und lieben
| sind eben doch wohl unser größter Luxus. Also Sonntagder 10.5.1908, an dem Frank und Tilly Wedekind Gäste bei Hermann Bahr waren, bei einem Essen, bei dem auch Anna von Mildenburg und Wilhelm Singer (Chefredakteur des „Neuen Wiener Tagblatt“) anwesend waren: „Bei Hermann Bahr zu Tisch mit Willhelm Sänger und Frau Mildenburg“ [Tb]. Der Gastgeber notierte am 10.5.1908: „M., Wedekinds, Singer bei mir.“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 379] Dabei war wohl außerdem Hermann Bahrs Schwägerin Olga Jokl, eine Schwester seiner ersten Ehefrau Rosa Jokl, deren Fächer Wedekind signierte [vgl. Wedekind an Olga Jokl, 10.5.1908]. Das Essen fand einen Tag nach der Wiener Premiere von „Frühlings Erwachen“ am Deutschen Volkstheater statt, die Hermann Bahr besucht hat, wie er am 9.5.1908 notierte: „Im Theater bei Wedekinds ‚Frühlings Erwachen‘ junge Leute, die, als sie mich in der Loge erblicken, hoch Bahr brüllen.“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 379] um zehn Uhr. Meine Frau
kennt den Weg zu Ihnenvom Hotel Tegetthoff im 1. Wiener Bezirk zur Wohnung Hermann Bahrs in Wien (XIII, Veitlissengasse 7) [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1908, Teil VII, S. 32]; das war eine Villa (Architekt: Joseph Maria Olbrich), die Hermann Bahr sich im Ortsteil Ober Sankt Veit im 13. Wiener Bezirk Hietzing hatte erbauen lassen, in der er von 1900 bis 1912 wohnte und die ein Künstlertreffpunkt war.. Ich bitte Sie, Ihrer verehrten Frau GemahlinHermann Bahrs erste Ehefrau war Rosa Jokl (Scheidung am 14.5.1909), von der er getrennt lebte; bei dem Essen am 10.5.1908 dabei war seine spätere zweite Ehefrau Anna von Mildenburg (Heirat am 24.8.1909), von ihm als „M.“ abgekürzt (siehe oben), mit der er seit einigen Jahren liiert war. meiner
Frau und meine ergebensten Empfehlungen auszusprechen. Ich freue mich sehr auf
Sonntag und bin in alter Verehrung mit herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.
5.5.8.