München 24 Oktober 1917.
Lieber Freund!
Mit
gleicher Post mache ich mir die Freude, Dir meinen HeraklesFrank Wedekinds Versdrama „Herakles“ (1917) enthält die gedruckte Widmung „Dem lieben Freunde Doktor Kurt Hezel vieler seliger Stunden eingedenk.“ [KSA 8, S. 234] zu
übersenden. Außerordentlich leid tat es mir, daß
wir uns Anfang September hier
in München nicht getroffenTilly und Frank Wedekind waren am 10.5.1917 in die Schweiz abgereist, von wo sie erst am 7.10.1917 nach München zurückkehrten. haben. Deine Karte aus Reichenhallnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Kurt Hezel an Frank Wedekind, 31.8.1917. fand ich hier
vor, ebenso die Karte, die
Du mier hier ließestnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Kurt Hezel an Frank Wedekind, 1.9.1917.. Es wäre | mir eine große Freude gewesen, Dir meine Kinder und mein
Heim zeigen zu können. Meine
Frau hätte sich auch sehr gefreut, Dich nach elf Jahren wiederzusehenFrank Wedekind dürfte sich auf zwei Reisen, die er mit Tilly Wedekind von Berlin aus zu „Hidalla“-Gastspielen nach Leipzig machte, beziehen. Im Tagebuch notierte er am 13.1.1906: „Hidalla. Nachher mit Kurt Hetzel [...] und Tilly im Rathskeller“ und am 20.1.1906 „Hidalla [...] im Leipziger Schauspielhaus. Nachher mit Hetzel im Rathskeller“.. In der Schweiz war es
sehr schön. Eine Unmenge von Jugendbekannten, wo wir mit unseren AufführungenIn seinem Tagebuch notierte Frank Wedekind Aufführungen von „Erdgeist“ am 19., 20., 21.5.1917 und 3.6.1917 in Zürich, am 23.5.1917 in Basel, am 6.6.1917 in Davos und am 23.6.1917 in Baden. Außerdem vermerkte er eine Lesung seines „Herakles“ am 13.6.1917 in Zürich. hinkamen, dazu das
Schwimmen im See, das Rudern, die Ausflüge mit den
KindernAusflüge mit Pamela und Kadidja Wedekind sind durch das Tagebuch zu den fußläufigen Zielen Ronashorn (30.5.1917), den Sonnenberg (4.6.1917 u.a.), Ütliberg (24.7.1917) sowie Tagesfahrten nach Lenzburg (18.7.1917) und Luzern (29.7.1917) belegt., die mit Hochgefühl auf den Spuren ihres geliebten Wilhelm | TellDer Vierwaldstätter See, wo sich die legendäre Geschichte vom Schweizer Freiheitskämpfer und Nationalhelden Wilhelm Tell ereignete, lud mit zahlreichen Gedenkstätten wie dem Telldenkmal in Altdorf, der Tellsplatte bei Sisikon, Tellskapellen und Wanderwegne etwa von Rütli nach Bauen oder durch die Hohle Gasse nach Küssnacht zur Spurensuche ein. wanderten.
Was
macht unser liebes Leipzig?
An unseren letzten Abend im
RatskellerDem Tagebuch zufolge trafen sich die beiden Freunde im Leipziger Ratskeller am Freitag, 22.9.1916: „Rathskeller mit Hetzel.“ habe ich
noch oft mit stillem Entzücken gedacht. Grüße bitte die Herren BungonenDie philosophisch literarische Herrenrunde hatte sich am 21.9.1916, wie jeden Donnerstag, zum Bungonenstammtisch [vgl. Witkowski 2010, S. 263-265] im Ratskeller getroffen, wie Wedekind notierte: „Abends R. K. mit Hetzel Drucker Herrmann und Prof. Eulenburg.“ [Tb]]. – Der Name Bungonen dürfte sich wohl von der japanischen Provinz Bungo (heute: Präfektur Ōita) herleiten. von mir. Wenn die Welt
nicht noch entsetzlicher wird als sie sowieso schon ist wäre es ja möglich daß
wir uns im Lauf des Winters einmal in Leipzig sehen. Übrigens schiene mir Kurt StielerDer Schauspieler Kurt Stieler, den Wedekind seit langem kannte, war in Leipzig an den Städtischen Theatern (Direktion Max Martersteig) engagiert [Deusches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 471]. ein
ausgezeichneter Herakles. Allerdings ist | die Rolle rein textlich so
umfangreich, daß ich daran zweifeln muß ob sie je ein Gedächtnis bewältigt.
Wird aber der Text nicht spielend beherrscht, dann fällt wie bei all meinen
Stücken, der ganze Kram auseinander.
Laß es
Dir auch fürder gut gehen, lieber Freund und sei herzlichst gegrüßt von
Deinem getreuen
Frank Wedekind.