Kennung: 1616

München, 23. Dezember 1917 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Friedmann, Ludwig

Inhalt

München 23. Dezember 1917.


Prinzregentenstraße 50 III.


Sehr geehrter Herr Friedmann!

Empfangen Sie verbindlichen Dank für Ihre freundlichen Mitteilungen vom 17.nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ludwig Friedmann an Wedekind: 17.12.1917. Ludwig Friedmann informierte Wedekind offenbar über Aufführungsmöglichkeiten von „Überfürchtenichts“ (und fragte vermutlich nach einem Exemplar des Bändchens), äußerte sich über „Musik“ sowie über „Marquis von Keith“ und über den Wiener Theaterdirektor Alfred Bernau (siehe unten). dies. Von „Überfürchtenichts[“] habe ich selber nur fünf ExemplareDie Buchausgabe „Überfürchtenichts“ (1917), vier Wochen zuvor im Georg Müller Verlag in München noch angekündigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 84, Nr. 273, 23.11.1917, S. 7623], war dem vorliegenden Brief zufolge nun erschienen – als Sonderdruck in 500 Exemplaren [vgl. KSA 8, S. 943]. bekommen. Mit gleicher Post übersende ich IhnenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Ludwig Friedmann, 23.12.1917. eines davon. Nach Lektüre des Buches werden Sie selber den Eindruck haben daß von der Aufführung im allgemeinen nicht viel zu erwarten ist. Ich selber hatte eine einmalige AufführungSie fand wegen Tilly Wedekinds Selbstmordversuch (siehe unten) nicht statt. ‒ „Überfürchtenichts“ wurde erst posthum am 14.8.1919 im Phantastischen Theater in Berlin uraufgeführt. in der Bonbonniere in München schon vorbereitetIm Tagebuch vom 19.3.1917 heißt es erstmals: „Überfürchtenichts memoriert.“ Wedekind notierte dann wieder am 6.4.1917: „Überfürchtenichts geübt“ [Tb], am 18.4.1917: „Mit Tilly Überfürchtenichts geübt“[Tb] und ein letztes Mal am 22.4.1917: „Überfürchtenichts geübt“ [Tb].. Die Polizei hatte auch die Erlaubnis | erteilt. Durch die plötzliche ErkrankungTilly Wedekind hatte am 30.11.1917 einen Selbstmordversuch unternommen und befand sich nun in der Klinik. meiner Frau wurde die Ausführung leider vereitelt. Dagegen wäre es mir nicht gerade willkommen wenn irgend ein anderes Theater aus reinem Sensationsbedürfnis ohne Verständnis für die Wirkungsmöglichkeit der Verse eine Aufführung veranstalten wollte, deren ganzes Ergebnis schließlich nur ein Theaterskandal und endgültiges Verbot sein könnte.

Ihre Mittheilungennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ludwig Friedmann an Wedekind, 17.12.1917. über „Musik“ und „Marquis von Keith“ habe ich mit großem Interesse gelesen. Von Reinhardt verlautet wohl gar nichtsMax Reinhardt hatte Wedekind am 13.6.1917 in Zürich nach einer privaten Autorlesung des „Herakles“ das Angebot gemacht, das Stück aufzuführen [vgl. Wedekind an Ludwig Friedmann, 25.6.1917], was in der Presse auch angekündigt war: „Wedekinds neues Schauspiel ‚Herakles‘ ist von Max Reinhardt für das Deutsche Theater zur Aufführung erworben worden. Das Werk wird als eine der ersten Einstudierungen der kommenden Spielzeit [...] in Szene gehen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 46, Nr. 348, 11.7.1917, Morgen-Ausgabe, S. (2)] Zuletzt hatte das „Aargauer Tagblatt“ am 4.12.1917 erwähnt, dass das Stück „diesen Winter noch in der Inszenierung von Prof. Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin seine Uraufführung erleben soll.“ [KSA 8, S. 929] ‒ „Herakles“ wurde erst posthum am 1.9.1919 im Prinzregententheater in München uraufgeführt. über „Herakles“? Interessiert | sich gar keine andere Bühne für das Stück? Das wäre doch eigentümlich, nachdem in Berlin sowohl Meinhardt & Bernauer wie Reinhardt dafür zu haben warenCarl Meinhard und Rudolf Bernauer hatten sich daran interessiert gezeigt, „Herakles“ für die Uraufführung am Theater in der Königgrätzer Straße in Berlin zu bekommen [vgl. Wedekind an Ludwig Friedmann, 25.6.1917]..

Mit Ihrer Haltung gegenüber BernauAlfred Bernau war Intendant und Oberspielleiter der Wiener Kammerspiele [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 616]; es ging wohl um einen „Gastspielantrag“ [Wedekind an Ludwig Friedmann, 17.1.1918]. erkläre ich mich einverstanden. Aber reagiert das BurgtheaterWedekind hatte vorgeschlagen, „Herakles“ dem Wiener Burgtheater anzubieten [vgl. Wedekind an Ludwig Friedmann, 28.8.1917]. nicht auf Herakles?

Mit besten Grüßen Ihr
hochachtungsvoll ergebener
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Kariertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Seite 1 ist oben mit Bleistift von fremder Hand nach vorangestelltem „b.“ (= beantwortet?) mit einem Datumsvermerk ‒ 28.12.1917 ‒ versehen, mit dem Namenskürzel „F“ (= Friedmann?) gezeichnet. Darunter ist von anderer fremder Hand ebenfalls mit Bleistift als Korrektur das Datum „29.XII.“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    23. Dezember 1917 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Stadtarchiv Karlsruhe

Markgrafenstraße 29
D-76133 Karlsruhe
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Abteilung 8: Archivische Sammlungen, Autographen, Sammlung Frank Wedekind
Standort:
Stadtarchiv Karlsruhe (Karlsruhe)

Danksagung

Wir danken dem Stadtarchiv Karlsruhe für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Ludwig Friedmann, 23.12.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (03.12.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

26.10.2024 14:15