München 25. Dezember 1915
Sehr geehrter Herr Friedmann!
Empfangen Sie verbindlichsten Dank für Ihre
freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ludwig Friedmann an Wedekind, 21.12.1915.. Ihnen vor allemLudwig Friedmann, Geschäftsführer des Drei Masken Verlags in Berlin. Dem Verlagsbüro in München hat Wedekind bereits für die Broschüre „Frank Wedekind und das Theater“ gedankt [vgl. Wedekind an Drei Masken Verlag, 22.12.1915]. möchte ich für die Wedekind-Broschüh/r/eDie Broschüre „Frank Wedekind und das Theater“ ist mit sieben Fotos illustriert (das erste von Frank Wedekind, jeweils zwei von Tilly Wedekind als Prinzessin Alma in „König Nicolo“ und als Guendolin in „Der Stein der Weisen“ sowie jeweils eins als Kadidja in „Die Zensur“ und als Lamia in „Der Stein der Weisen“). Sie enthält insgesamt zehn Beiträge. Nach einem vom Drei Masken Verlag gezeichneten Text „Zur Einführung“ folgen Beiträge von Josef M. Jurinek („Wedekind-Statistik“), Paul Block („Wedekind“), Artur Kutscher („Frank Wedekinds Leben“), Hermann Kienzl („Der fünfzigjährige Wedekind“), nochmals Artur Kutscher („Frank Wedekind als Bühnenautor“), Alfred Holzbock („Frank Wedekind: Regisseur und Schauspieler“), Wilhelm Bolze („Wedekind: … Romantiker“) sowie abschließend von Wedekind selbst die jeweils als Originalbeitrag bezeichneten Texte „Begegnung mit Josef Kainz“ und „Die Furcht vor dem Tode“ aus dem Tagebuch. Die Broschüre versteht sich „als nachträgliches Geburtstagsgeschenk“ anlässlich des im Vorjahr gefeierten 50. Geburtstags für den „lange verkannten Dichter Frank Wedekind“ [Frank Wedekind und das Theater. Zusammengestellt und bearbeitet vom Drei Masken-Verlag G.m.b.H. Berlin 1915, S. (11)].,
die mir eine große Freude war, herzlichen Dank sagen.
Leider war es mir nicht möglich mit Steinrückder mit Wedekind befreundete Hofschauspieler und Regisseur Albert Steinrück am Münchner Hoftheater [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 501].
über Bismarck zu sprechen, da ich bis heute trotz fortwährender Mahnung noch
kein einziges Exemplar | von Müller erhalten habe. Was Frankenstein schreibtLudwig Friedmann dürfte Wedekind in seinem nicht überlieferten Schreiben (siehe oben) von einem Brief von Clemens von Franckenstein, Generalintendant des Münchner Hoftheaters [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 500], in dem dieser sich über Wedekinds „Bismarck“-Drama geäußert hat, berichtet haben.
wundert mich nicht. Wenn aus dem Stoff ein ohne weiteres packendes Drama zu
machen gewesen wäre, so hätten das jedenfalls schon hundert Dramatiker gethan.
Das Problem bestand darin, die Figur überhaupt bühnenfähig zu machen. Wenn ich
von den GastspielenWedekind brach am 28.12.1915 zu einer Gastspielreise nach Budapest auf, von der er am 18.1.1916 zurückkam und gleich am 19.1.1916 zu einem Gastspiel nach Mannheim weiter reiste; von dort war er am 25.1.1916 zurück in München [vgl. Tb]. Budapest und Mannheim zurück bin, werde ich versuchen,
Steinrück noch für das Stück zu gewinnen. Das könnte aber erst Anfang Februar
geschehen. Sollte es nicht gelingen dann bleibt | immer noch Erich ZiegelErich Ziegel war Direktor (zusammen mit Benno Bing) und Schauspieler an den Münchner Kammerspielen [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 506]., der
sicher ein guter Bismarck wäre und das Stück mit einigen Kürzungen ganz gut
spielen könnte.
Gesternam 24.12.1915 (Heiligabend). telephonierte mich BarnowskyVictor Barnowsky war Direktor des Deutschen Künstlertheaters und des Lessingtheaters in Berlin [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 297, 306]. aus Berlin
an, weil BassermannAlbert Bassermann war Schauspieler am Berliner Lessingtheater [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 307]. in einem Stück von mir spielen möchte. Ich sagte ihm,
meines Wissens seien außer Liebestrank und M. v. Keith alle Stücke für Berlin
frei. Vielleicht haben Sie die Güte Barnowsky über diese Frage zu orientieren.
Meines Erachtens kämen besonders Hidalla und Musik für Bassermann
| in Betracht. Musik hätte eine glänzende Rolle für Frau BassermannElse Bassermann (geb. Schiff), Schauspielerin am Berliner Lessingtheater [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 307].. „Rabbi Esra“ ist eine in meinen Ges. WerkenWedekinds Erzählung „Rabbi Esra“ (zuerst 1897 im „Simplicissimus“ und in der Sammlung „Die Fürstin Russalka“ erschienen, dann 1906 und 1911 in der Sammlung „Feuerwerk“) ist in Band 1 der „Gesammelten Werke“ (1912) Wedekinds im Georg Müller Verlag abgedruckt [S. 221-229].
gedruckte Erzählung aus der ich seiner Zeit für das Überbrettl einen Dialog
gemacht habe, der noch nicht gedrucktWedekinds 1901 für Ernst von Wolzogens Buntes Theater (Überbrettl) geschriebener Dialog „Rabbi Esra. Eine Scene“ [vgl. KSA 6, S. 319] blieb zu seinen Lebzeiten ungedruckt. ist. Natürlich steht dieser Dialog durch
Ihre Vermittlung den Bühnen zur Verfügung. Ich glaube aber kaum daß er für das
Frankfurter SchauspielhausDirektor am Schauspielhaus in Frankfurt am Main war Karlheinz Martin [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 411]. in Betracht käme. Augenblicklich bin ich damit
beschäftigt, „Oaha“, dessen letzte beiden Akte sehr schlecht sind, zu einem
bühnenfähigen Stück umzuarbeitenWedekind arbeitete sein Stück „Oaha“ (1908) zu der Komödie „Till Eulenspiegel“ (1916) um [vgl. KSA 8, S. 398].. Mit besten Wünschen für frohe Feiertage und
ergebenem Gruß
Ihr Frank Wedekind.