Königreich
Bayern
POSTKARTE.
An
Herrn Frank Wedekind
Hôtel Crébillon
in ParisWedekind ist am 29.12.1892 in Paris eingetroffen, wo er im Hôtel Crébillon (Rue Crébillon 4) Quartier nahm [vgl. Frank Wedekind an Armin Wedekind, 29.12.1892), seine erste Wohnung während seines mehrjährigen Aufenthalts in der Stadt..
4 Rue Crébillon. |
Sehr geehrter Herr Wedekind. Besten Dank für Ihren freundlichen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Oskar Panizza, 30.3.1892. und Ihr Entgegenkommen +++ +++ +++ von zehn ExemplarenZusammenhang nicht ermittelt.. Das Geld habe ich noch nicht eingezahlt. Bis dahin sind Sie vielleicht schon zurück. – Über Ihr
„Frühlings-Erwachen“ habe ausführliche KritikOskar Panizzas Besprechung von „Frühlings Erwachen“ erschien 1892 im Mai-Heft der von Michael Georg Conrad begründeten Monatsschrift „Die Gesellschaft“ (im Verlag von Wilhelm Friedrich in Leipzig); er bezog sich darin auch auf eine Notiz Michael Georg Conrads im März-Heft und war sehr angetan von der Kindertragödie und ihrem Verfasser: „Frühlings-Erwachen, eine Kindertragödie von Frank Wedekind. Zürich, Verlag von Jean Groß. 1892. – Zu den wenigen, lobenden Worten M. G. Conrads im 3. Heft der ‚Gesellschaft‘ seien hier noch einige allgemeine Bemerkungen nachgetragen, deren mir das Büchlein wert zu sein scheint. [...] Wedekinds Buch [...] ist realistisch, dekadent, rücksichtslos, häßlich und schön, wie’s grade kommt, brutal gegen alle Überlieferungen, heißen sie Religion, Moral oder Gewissen; und über dem Ganzen liegt ein Geruch [...], den man nicht wieder vergißt. Und [...] das Buch [...] ist künstlerisch. Ich glaube, außer Hermann Bahrs ‚Die Mutter‘ existiert kein zeitgenössisches Drama, welches so sehr unter Fallenlassen aller konventionellen Rücksichten geschrieben ist. [...] Wedekind, ein zweiter Heine“ [Oskar Panizza: Dramen. In: Die Gesellschaft, Jg. 8, Heft 5, Mai 1892, S. 652-655]. Michael Georg Conrad hatte geschrieben: „Ein dramatischer Erstlingswurf, mit der Klaue des Löwen gezeichnet. Prachtvollste Mischung von schneidendster Satire und gemütvollstem Humor, dazu als Grundlage dichterisch-ernsthafte Erfassung eines Lebensproblems von höchster pädagogischer Bedeutsamkeit. [...] Wedekind“ schlägt „machtvoll eigene Töne an.“ [M.G.C.: Frühlings-Erwachen. Eine Kindertragödie von Fr. Wedekind. Zürich, Jean Groß. In: Die Gesellschaft, Jg. 8, Heft 3, März 1892, S. 391] der „Gesellschaft“ eingeschickt.
Nach ihrem Erscheinen erhalten Sie solche. – Wenn Sie Gelegenheit haben, London
zu besuchenWedekind reiste erst am 23.1.1894 von Paris ab nach London, wo er am 24.1.1894 eintraf [vgl. Tb] und rund fünf Monate blieb, um anschließend nach Paris zurückzukehren., versäumen Sie es nicht. Sie lernen dort mehr als in Paris. Für den
großen Humor u. die blutige Satyre in Ihrer
Kindertragödie hat England, Literat. wie Land, stärkere,
solidere Anhaltspunkte als das nur witzelnde, kitzelnde Paris.
Gruß Ihr
Ergebener Panizza.