Berlin
N.W.
Thomasiusstrasse 15Ida Orloff wohnte, gemeldet unter ihrem Namen Ida Siegler von Eberswald, mit ihrer verwitweten Mutter in einer Hinterhauswohnung in Moabit (Thomasiusstraße 15, Gartenhaus II) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 2154]. Gerhart Hauptmann notierte dazu: „Gestern bei Ida Orloff. [...] Ihre Umgebung, Hinterhaus, ist ärmlich: eine Ärmlichkeit, die sie nicht zu merken scheint, die aber die Traurigkeit ihres Wesens, ihr selbst unbewusst, nährt.“ [Tb Hauptmann, 30.1.1906]
Zweites Gartenhaus
Fräulein Iduschka Orloff |
Liebe Iduschka! Ich muß voraussichtlich eine Woche zu Hause
bleibenTilly Newes wohnte in Berlin in der Pension von Marie Hönike (Albrechtstraße 11) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 897], Wedekind um die Ecke in der Pension Nolte (Schiffbauerdamm 6) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1598].. Wenn es Dir so nicht zu langweilig ist, mir ist es jedenfalls sehr
angenehm, wenn Du kommstIda Orloff besuchte ihre Freundin Tilly Newes an einem der folgenden Abende und konstatierte „Fieber“ [Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 1.1.1906].. Es ist wirklich vorläufig nur eine ErkältungTilly Newes, am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) als Schauspielerin engagiert, war erkrankt, wie die Presse meldete: „Im Kleinen Theater geht heute wegen Erkrankung des Fräuleins Tilly Niemann-Newes an Stelle des ‚Marquis von Keith‘ Gorkis ‚Nachtasyl‘ in Szene.“ [Berliner Volks-Zeitung, Jg. 53, Nr. 600, 22.12.1905, Abendblatt, S. (2)] Wedekind hat ihr Befinden mitsamt ärztlicher Behandlung im Tagebuch notiert – am 17.12.1905 („Tilli [...] hat starkes Fieber“), 18.12.1905 („Tilli leidet an Angina“), 20.12.1905 („Sie hat starkes Fieber“), 23.12.1905 („T hat eine Mittelohrentzündung, wird geschnitten. Abends fahr ich mit ihr zu Dr. Flatau“), 24.12.1905 („Fahre mit Tilly zu Dr. Flatau. Sie leidet fürchterlich auf dem Heimweg und zu Hause. Ich bleibe bis 9 Uhr bei ihr“), 25.12.1905 („Fahre mit Tilli zu Dr. Flatau“), 29.12.1905 („mit Tilly beim Arzt“) und 30.12.1905 („Ich begleite Tilli zum Arzt“)..
Herzlichen Gruß
Deine
Tillydie beiden von Tilly Newes in diesem Kartenbrief eigenhändig geschriebenen Worte.
Verehrtes gnädiges Fräulein! |
Ich danke Ihnen sehr für Ihre liebenswürdige AufforderungHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Ida Orloff an Wedekind, 21.12.1905.
Sie zu besuchenWedekind war mit Tilly Newes am 31.12.1905 zu Gast bei Ida Orloff (siehe oben): „Silvester. Den Abend verbringe ich mit Tilli bei Iduschka Orlov.“ [Tb]. Zu meinem Bedauern höre ich, daß auch Sie gezwungen waren,
sich niederzulegen. Vor einigen TagenDatum der genannten Begegnung Wedekinds mit Gerhart Hauptmann nicht belegt. schwärmteGerhart Hauptmann war Ida Orloff „verfallen“ [Leppmann 1989, S. 239] und hatte mit ihr eine Liebesaffäre. mir Hauptmann von Ihnen vor und
ich war glücklich ihm in seinem Lobe beistimmen zu können.
Ergebensten Gruß
FWedekind.