DEUTSCHE
GESELLSCHAFT 1914
BERLIN
W.8.
WILHELMSTR. 67.
8.4.17.
Sehr verehrter Herr Meinhard!
Empfangen Sie herzlichen Dank für Ihre
liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Meinhard an Wedekind, 8.4.1917. Wedekind hat den soeben erhaltenen Brief des Theaterdirektors und seine sogleich darauf verfasste Antwort mit dem Schreibort (Deutsche Gesellschaft 1914, genannt: Klub) am 8.4.1917 notiert: „Mittag im Klub. Briefwechsel mit Meinhard.“ [Tb]. Außer Ihnen kennt noch kein Theater in Berlin den
Herakles, deshalb habe ich auch keine andern AnerbietungenAngebote, das Versdrama „Herakles“ (1917) aufzuführen. Wedekind hatte Carl Meinhard zwar ein Typoskript des noch unveröffentlichten „Herakles“ geschickt [vgl. Wedekind an Carl Meinhard, 24.3.1917], eine Inszenierung durch ihn aber hatte er eher nicht im Sinn. „Angesichts des anhaltenden Erfolges, den ‚Erdgeist‘ zu verzeichnen hatte, bemühten sich Carl Meinhard und Rudolf Bernauer um die Uraufführung des ‚Herakles‘-Dramas im Theater in der Königgrätzer Straße in Berlin. Wedekind fühlte sich ihnen gegenüber dankbar verpflichtet, erstrebte aber die Uraufführung an einem der großen und für das klassische Drama zuständigen Theater, wennmöglich am Deutschen Theater und unter der Regie von Max Reinhardt. Deswegen versuchte er, das Interesse vorerst auf die von der Zensur bedrängten Werke ‚Tod und Teufel‘ und ‚Schloß Wetterstein‘ zu lenken.“ [KSA 8, S. 924]. Ich möchte aber
gerne ideelle Geschäfte mit dem Stück machen. | Meine Dramen „Tod und TeufeSchreibversehen, statt: Teufel.“
und „Schloß Wetterstein“ sind einstweilen noch von der Zensur verboten, ließen
sich aber in geschlossenen Vorstellungen sehr wohl zur Aufführung und dadurch
eventuell zur Freigabe bringen. Außerdem habe ich bis jetzt jedes Jahr mit
meiner Frau auf längere Zeit in Berlin gastiert und konnte dadurch meine
persönliche Auffassung meiner Arbeiten klar legen, wodurch, wie es sich | bei
Ihrer Erdgeist-Schöpfungdie erfolgreiche „Erdgeist“-Inszenierung (Premiere: 4.11.1916) unter der Regie von Rudolf Bernauer mit Maria Orska als Lulu im Theater in der Königgrätzer Straße (Direktion: Carl Meinhard und Rudolf Bernauer). so glänzend zeigte, der Arbeit des Theaterleiters und
Regisseurs nicht im geringsten vorgegriffen wird. Wenn Sie mir auf diesen
beiden Gebieten entgegenzukommen die Freundlichkeit hätten, bin ich gerne
bereit, Ihnen Herakles, in dem ich nicht die Absicht habe, selber zu spielen zu
überlassen. Erlauben Sie mir, Ihnen noch einmal herzlichen Dank für die
GastlichkeitWedekind bedankt sich für seine Gastspielauftritte in der Berliner „Erdgeist“-Inszenierung (siehe oben), die außer im Theater in der Königgrätzerstraße im Berliner Theater (Direktion: Carl Meinhard und Rudolf Bernauer) stattfanden und am 7.4.1917 abgeschlossen waren. Die Presse hatte zu den beiden letzten Auftritten gemeldet: „Frank Wedekind. der gegenwärtig im Theater in der Königgrätzer Straße ein Gastspiel absolviert, spielt in der morgen, Donnerstag, im Berliner Theater stattfindenden Aufführung seiner Tragödie ‚Erdgeist‘ ‒ in der Besetzung des Theaters in der Königgrätzer Straße ‒ den Dr. Schön und beschließt sein Gastspiel am Sonnabend ebenfalls im Berliner Theater in der gleichen Rolle.“ [Berliner Volks-Zeitung, Jg. 65, Nr. 174, 5.4.1917, Morgen-Ausgabe, S. (2)] auszusprechen, die Sie mir jetzt auf Ihrer | Bühne gewährten.
Mit der Bitte, mich auch Herrn Bernauer zu
empfehlen
in ausgezeichneter Hochschätzung
Ihr ergebener
Frank Wedekind.