25.1.15
Sehr geehrter Herr Wedekind!
Ich danke Ihnen verbindlich für Ihre freundliche Zuschriftnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Georg Müller, 22.1.1915.
vom 22. ds. und hoffe, daß es Ihnen möglich sein wird, mich bald einmal mündlichWedekind, geschwächt durch seine erste Blinddarmoperation (29.12.1914), konnte noch nicht aus dem Haus gehen und sah Georg Müller erst am 12.2.1915 zu einer geschäftlichen Besprechung [vgl. Tb]. über das von Ihnen geplante DramaWedekind hat bereits am 21.9.1914 festgehalten: „Plane ein Bismarckdrama.“ [Tb] zu verständigen. Ich wi/e/rd/de/ selbstverständlich diese
Mitteilung streng vertraulich behandeln.
Es hat mich sehr gefreut, daß die Aufführung des Marquis von
Keith eine so außerordentlich günstige AufnahmeDie Premiere des „Marquis von Keith“ am 16.1.1915 im Münchner Residenztheater (Generalintendant am Hoftheater: Clemens von Franckenstein) [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1915, S. 502] mit Albert Steinrück in der Titelrolle war ein Erfolg, wie hervorgehoben wurde. „So entsprach die Aufnahme dem großen Interesse, das das Publikum dem Werk entgegenbrachte. Viele Male konnten die Darsteller sich für den reichen Beifall bedanken. Dieser Erfolg ist besonders erfreulich, weil er einem lebenden Autor in diesen ernsten Zeiten zugute kommt.“ [Richard Elchinger: Der Marquis von Keith. Schauspiel von Frank Wedekind. Erste Aufführung im Residenztheater am 16. Januar. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 31, 18.1.1915, Morgenblatt, S. 2] Dagegen mäkelte ein anderer Münchner Rezensent, im Vergleich mit anderen Stücken Wedekinds sei „dieser Marquis von Keith ja verhältnismäßig noch harmlos. Frank Wedekind hat unleugbar Talent, aber fast alles, was er uns bis jetzt geboten, gehört jener Art von Literatur an, von der wir innig hoffen, daß sie den Krieg nicht überleben möge.“ [Alfred von Mensi: Münchener Theater. In: Allgemeine Zeitung, Jg. 118, Nr. 4, 23.1.1915, S. 60] im Residenztheater gefunden hat
und hoffe, daß das Stück noch oft dort aufgeführt wird.
Ihr sehr ergebener
Georg Müller