Sehr geehrter Herr Cassirer,
ich erfahre aus München, daß mandezenter Hinweis auf die Mitarbeiter der im Albert Langen Verlag in München erscheinenden Zeitschrift „Simplicissimus“, wie der Briefkontext verrät. sich dort schon lebhaft auf
das BuchDie Literatursatire „Oaha“ (1908), in der Wedekind die Majestätsbeleidigungsaffäre um den „Simplicissimus“ und seine Konflikte mit dem Verleger Albert Langen verarbeitete [vgl. KSA 8, S. 395-397, 507-510], erschien im Bruno Cassirer Verlag, der die Druckvorlage am 13.6.1908 erhalten hat [vgl. KSA 8, S. 297]. Der Vertrag wurde am 20.6.1908 in Berlin geschlossen, wie Wedekind festhielt: „Vertragsabschluß mit Cassirer über Oaha.“ [Tb] Er notierte am 12.9.1908 in Berlin: „In 4 Tagen soll Oaha erscheinen.“ [Tb] Und am 17.9.1908: „Cassirer bringt mir das erste fertige Buch OAHA.“ [Tb] Die Erstausgabe von Wedekinds Schauspiel „Oaha“ war dann einige Tage später als erschienen gemeldet [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 75, Nr. 230, 2.10.1908, S. 10646]. vorbereitet und daß man auch nicht im Zweifel darüber ist was man sich
davon zu erwarten„Oaha“ wurde als Schlüsselstück gelesen [vgl. KSA 8, S. 573-575], gleich in den ersten Pressereaktionen: „Oaha, Wedekinds neues fünfaktiges Schauspiel, ist, wie man jetzt aus der Lektüre sieht, wieder ein Schlüsselstück. Als Hauptpersonen treten in sehr durchsichtigen Masken der Verleger des ‚Simplicissimus‘ und seine Leute auf.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 454, 29.9.1908, Vorabendblatt, S. 2] Davor bezog man sich auf den Waschzettel: „Oaha“ sei „eine Satire über die Satire. Frank Wedekind macht in diesem Stück den Witz zum Gegenstand des Witzes.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 444, 23.9.1908, Vorabendblatt, S. 3] Der am 31.8.1908 von Wedekind geschriebene Waschzettel [vgl. KSA 8, S. 404] ist als Entwurf überliefert [vgl. KSA 8, S. 521f.]. hat. Es wäre nun doch wirklich schade, wenn ich schon meine
PrügelIm „Simplicissimus“ wurde Wedekind nach dem Erscheinen von „Oaha“ verspottet und karikiert, so von Ludwig Thoma (unter dem Pseudonym Peter Schlemihl) in den von Olaf Gulbransson satirisch illustrierten Szenen „Der Satanist“ [vgl. Simplicissimus, Jg. 13, Nr. 30, 26.10.1908, S. 490]. Das war aber bereits vorher der Fall gewesen, etwa in Thomas Theodor Heines Karikatur „Moderne Dichter“, deren Bildunterschrift „Das verfluchte Fett verdirbt mir noch meinen ganzen Satanismus!“ [Simplicissimus, Jg. 9, Nr. 9, S. (5)] Wedekind als Motto für sein Stück aufgriff: „Das verdammte Fett verdirbt mir meinen ganzen Satanismus“ [KSA 8, S. 11]. bekäme, bevor man noch weiß, wofür. Ich würde deshalb bitten, an/us/
der Walserschen RandlinieDesignelement im Buchdruck, das auch im Fall der von Bruno Cassirer verlegten Werke Robert Walsers diskutiert worden sein dürfte. Im Bruno Cassirer Verlag war zuletzt Robert Walsers Roman „Der Gehülfe“ (1908) erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 75, Nr. 74, 30.3.1908, S. 3667] ‒ ohne Randlinien (ebenfalls ohne Randlinien „Oaha“). keinen Grund zur Verzögerung werden zu lassen, da die
Linie ja vollkommen überflüssig ist.
Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.
14.9.8.