Lieber,
dieser Zeilen sollen Ihnen zuerst sagen,
daß wir also unsern Bummel Ihrem Wunsch gemäßWedekind, der dem Tagebuch zufolge für die Proben zur „Hidalla“-Premiere am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) am 8.9.1905 in Berlin eingetroffen ist („fahre [...] nach Berlin. Gehe ins Kleine Theater, treffe Weinhöppel und verbringe den Abend mit Meßthaler Barnowsky Schaumberger und Welisch“) und wahrscheinlich Gertrud Arnold gleich kennenlernte, der gegenüber er sich mündlich geäußert haben dürfte (siehe unten), besuchte am 9.9.1905 vormittags die erste Probe („Um 10 Uhr Probe“) – ebenso wie Gertrud Arnold, die wie er selbst in seinem Stück eine Hauptrolle spielte (siehe unten). auf morgen, Sonntagder 10.9.1905, an dem das Treffen mit Gertrud Arnold stattgefunden haben dürfte (an diesem Tag keine Einträge im Tagebuch)., verlegen; da
dürfen Sie uns aber nicht ausreißen! – –
Ich bin, wenn Sie dies lesen, in Ihrer
unmittelbaren Nähe, u. käme gern selbst, um zu sehen, wie mein | Meister wohntWedekind hat sich am 9.9.1905 nach dem Mittagessen in der im 3. Stock gelegenen Pension von Johanna Nolte (Schiffbauerdamm 6/7) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1598] eingemietet, wie er notierte: „Um 10 Uhr Probe. Diner [...] Darauf miethe ich mich Schiffbauerdamm No 6 ein.“ [Tb] Eigentümer des Hauses war das Neue Theater [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil III, S. 669]. „Seit Wedekind in Berlin wohnt, entwickelt sich zwischen der Schauspielerin Gertrud Arnold [...] und ihm eine aufreibende Beziehung“ [Vinçon 2014, S. 181], „eine intime Beziehung“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 229].,
u. die Pläne für morgen gleich mit Ihnen zu bereden, – aber wer weiß ob HetmannKarl Hetmann, die männliche Hauptfigur in „Hidalla“ [vgl. KSA 6, S. 41], die Wedekind in der Berliner „Hidalla“-Inszenierung (Premiere: 26.9.1905, zuerst angekündigt für den 21.9.1905) am Kleinen Theater selbst spielte. Lust u. Zeit hätte mich zu empfangen – und ob nicht zu viel
Augen in der Pension mich sehen? – Warum vollendeten Sie Ihren Satzwohl mündlich geäußert, vermutlich spät abends am 8.9.1905 (siehe oben).: „Ich werde
morgen rekapitulieren, vielleicht kommst ... gute Nacht“ – – nicht? |
Für jetzt herzlichste Grüße! –
Die Lösung habe ich jetzt auch! Die Fanny läßt mich nicht
los, – ich bin sieGertrud Arnold spielte in der Berliner „Hidalla“-Inszenierung unter der Regie von Victor Barnowsky die weibliche Hauptrolle der Fanny Kettler und unterschrieb ihre Briefe an Wedekind mit dem Namen Fanny; insofern „Gertrud alias Fanny“ [Vinçon 2014, S. 181]. Victor Barnowsky, nun Direktor und Oberregisseur am Kleinen Theater in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 277], der die Direktion am 1.9.1905 von Max Reinhardt übernommen hat [vgl. A.F.: Kehraus im Kleinen Theater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 444, 1.9.1905, Morgen-Ausgabe, S. (2)], hatte zur Saisoneröffnung am 15.9.1905 die zuvor am Deutschen Theater (Direktion: Paul Lindau) tätige Schauspielerin Gertrud Arnold [vgl. Neuer Theater-Almanach 1905, S. 285] für sein Ensemble gewonnen, wie die Presse meldete: „Das Kleine Theater wird am 15. d. wieder eröffnet. [...] In jüngster Zeit hat Director Barnowsky auch noch einige in Berlin bereits wohlbekannte Kräfte engagirt: Frau Gertrud Arnold“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 411, 2.9.1905, Morgen-Ausgabe, S. 7]. – nur nicht so ein seltenes Exemplar!
Fanny.