Sehr geehrter Herr
Kraus,
ich danke Ihnen bestens für Ihre liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Karl Kraus an Wedekind, 26.5.1904., und für die VorlesungKarl Kraus dürfte Wedekind in seinem nicht überlieferten Schreiben (siehe oben) eine Lesung der Tragödie „Die Büchse der Pandora“ in Wien angekündigt haben, die nicht realisiert wurde. „Ein Zusammenhang besteht möglicherweise mit einem Vorhaben, von dem Wedekinds ehemalige Verlobte Frida Strindberg in einem undatierten Brief an Kraus [...] berichtet. Demnach wollte der [...] Schriftsteller Robert Scheu ‚einen Abend der ‚Büchse‘ weihen – Sie sollen lesen, Hermann Bahr soll sprechen u. irgend ein Presse-Mensch ich weiss nicht was thun.‘ [...] Der mit Kraus befreundete Robert Scheu dürfte allerdings gewusst haben, dass eine Teilnahme von Kraus in dieser Konstellation – an der Seite Hermann Bahrs – ausgeschlossen war.“ [Nottscheid 2008, S. 127] der Büchse. Erlauben Sie mir, Ihnen das Exemplar der Bühnenausgabeein verschollenes Exemplar des vervielfältigten Typoskripts „Die Büchse der Pandora. Tragödie in drei Aufzügen von Frank Wedekind. Vom Autor hergestellte Bühnenbearbeitung“ [KSA 3/II, S. 862], das dann „der von Karl Kraus veranstalteten Wiener Aufführung“ der Tragödie am 29.5.1905 „zugrundelag“ [KSA 3/II, S. 863]. Ein anderes Exemplar dieses Bühnenmanuskripts lag Emil Meßthaler für die Uraufführung der Tragödie am 1.2.1904 im Intimen Theater in Nürnberg vor, ein wieder anderes Exemplar (eingereicht am 25.9.1904 für eine Aufführung am Theater in der Josefstadt, die von der Wiener Polizeibehörde nicht bewilligt wurde) ist als Zensurexemplar in Wien erhalten [vgl. KSA 3/II, S. 862f.]. zu dedizierenzu widmen. – Hinweis auf eine nicht überlieferte Widmung (im verschollenen Exemplar der Bühnenausgabe „Die Büchse der Pandora“); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Karl Kraus, 27.5.1904.. Gedichte habe ich leider noch keine gemacht. Daß Sie „Hans und Gretel“ nicht würden drucken könnenWedekind hatte, als er die „Verse“ [Wedekind an Karl Kraus, 24.3.1904], den Versdialog „Hanns und Gretel. Ein Scherz“ [Florack 1996, S. 58-62], an Karl Kraus schickte, schon vermutet, dass der Text in der „Fackel“ nicht würde abgedruckt werden können – aus Rücksicht auf das „Unverständnis des Lesers“ [Kraus 1920, S. 104]., ahnte ich ja. Ich werde gelegentlich | versuchen, den Dialog in eine hochmoralische Pastete hineinzubackenWedekind integrierte den Dialog „Hanns und Gretel“ – den Rollen ‚Herr König‘ und ‚Lisiska‘ zugeordnet – in die mittlere Szene seines Einakters „Totentanz“ [vgl. KSA 6, S. 645-647], den Karl Kraus dann im Erstdruck in der „Fackel“ veröffentlichte [vgl. Frank Wedekind: Totentanz. Drei Szenen. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 183/184, 4.7.1905, S. 1-33].. Vielleicht wird er dadurchim Erstdruck: dann. zollfrei.
Was Hidalla betrifft soim Erstdruck: betrifft, so. weiß ich nicht genau obim Erstdruck: genau, ob. der Verleger das Buch jetzt oder erst im HerbstJulian Marchlewski ließ das Buch „jetzt“ erscheinen, wie Wedekind wohl noch am 27.5.1904 von ihm selbst erfuhr, als er den Verleger aufsuchte: „Besuch bei Marchlewski“ [Tb]. Wedekind hat am 31.5.1904 „Exemplare von Hidalla verschickt.“ [Tb] Sein Schauspiel „Hidalla oder Sein und Haben“ (1904) war bald darauf im Verlag Dr. J. Marchlewski & Co. in München als erschienen angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 71, Nr. 132, 10.6.1904, S. 5042]. erscheinen lassen will. Im letzteren Fallim Erstdruck: Falle. würde ich mich freuen Ihnen einzelne Proben daraus überlassen zu dürfen.
Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.
27 V.04Wedekind notierte am 27.5.1904 den Brief „an Kraus“ [Tb]..