Vergleichsansicht

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Kennung: 32

Lenzburg, 16. August 1889 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Greyerz, Minna von

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

                                                  

                                                      <Zeichnung>




                                                  Warum schreibst Du
mir nicht?, mich brennen wilde Höllengluten – Du konntest freilich nicht vermuten, daß diese durch Deinen letzten BriefWedekinds Brief vom 26.7.1889. entfacht wurden! – – Hohnlächle, schilt mich – es ist mir gleich, denn Erbarmen oder gar ein andres Empfinden wird Dich nicht für mich beseelen. | So – weiter habe ich eigentlich nichts zu sagen – nicht wahr, der Vulkanausbruch war kurz oder erschien Dir nicht einmal als Solcher und doch ist es in dieser Art vielleicht der Gewaltigste der mich durchbrauste, als ich vorhin anscheinend ruhig u wollüstig rauchend auf dem Divan lag; allein die Feder ist nicht beweglich genug Dir Näheres, Eingehenderes zu schildern. Solltest Du meinen allzugroßen, viel zu ausführlichen, deßhalb für Dich langweiligen Brief nicht bekommen haben? Glaube nicht, daß ich Dir in Zukunft, wenn Du mich zu lange warten läßt wieder solchen furiosen Wisch als | Mahnung sende, denn jetzt habe ich mich mir gegenüber selber ausgetobt u bin nun gefaßt: entweder auf Dein gänzliches Schweigen, (oder eine Zurechtweisung –, nein, offen gestanden auf die am allerwenigsten), Deine Gleichgültigkeit, Deine Nachsicht oder eine Satyre. – Satan, Abscheulichster, ich gestehe Dir, weil Du wol kein Gewissen hast, daß ich seit einiger Zeit an einem tollen BabySpitzname Franklin Wedekinds.-Fieber laborire – Niemand ahnt meine Leiden u wünsche es auch nicht, daß außer Dir, Du Höllengeselle, <jemandWahrscheinlich ein Schreibversehen Minna von Greyerz'. Eingefügt ist "jemand".> etwas davon erfahre. Prrrr!
     Soeben fiel eine Augen- | wimper hernieder. Drei Dinge darf man sich dann wünschen u ich wünschte: 1. Du wärst bereits eine literarische Berühmtheit 2. Du liebtest mich u 3. ich wäre Dein. Gelt ich bin kühn? oder gar absurd, bizarr? Was bist dann aber Du, daß ich mir solche Sprache vor Dir erlaube? O Höllenpein, nicht das zu sein, was man wol möchte! Alle Deine Gedichte, Briefe u sonstgeSchreibweise Minna von Greyerz'. Schriftstücke habe ich kürzlich wieder durchgelesen u dazu Deine Cigarretten vom letzten Winter geraucht u geträumt zurück in die teils so goldne Vergangenheit u vor in die noch graue Zukunft. Wenn Du aber denkst ich schicke Dir zum Schluß einen Kuß, so irrst Du Dich. Es grüßt Dich Deine
             Satanella Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Pinsel. Tinte. Tusche.
Schriftträger:
Papier. ca. 11 x 17 cm.. Klein-Oktav. Die Kopfseiten sind nicht gerade beschnitten, sondern ausgerissen. Gelocht.
Schreibraum:
Auf der ersten Seite oben:eine mit Tusche entworfene Zeichnung: In der Mitte ein Herz.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Da Wedekind auf der ersten Seite das Empfangsdatum, 17.8.1889, eingetragen hat, wurde der Brief wahrscheinlich am 15. oder 16.8.1889 verfasst.

Der Brief wurde, nach dem Empfangsdatum zu schließen, sehr wahrscheinlich am 16.8.1884 bei der Lenzburger Post aufgegeben. Wedekind hielt sich seit dem 5.7.1889 in München auf.

Erstdruck

Pharus I. Frank Wedekind. Texte, Interviews, Studien

Titel des Aufsatzes:
Eine Lenzburger Jugendfreundschaft. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Minna von Greyerz.
Autor:
Elke Austermühl
Herausgeber:
Elke Austermühl, Alfred Kessler, Hartmut Vinçon. Editions- und Forschungsstelle Frank Wedekind
Ort der Herausgabe:
Darmstadt
Verlag:
Verlag der Georg Büchner Buchhandlung
Seitenangabe:
406-407
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek. Monacensia (München) et Minna von Greyerz

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
089 419472-13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 56
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Familie Rudolf Bertschinger, Lenzburg, und dem Literaturarchiv der Monacensia, München, für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Minna von Greyerz an Frank Wedekind, 16.8.1889. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Prof. Dr. Hartmut Vincon

Zuletzt aktualisiert

07.08.2023 11:39
Kennung: 32

Lenzburg, 16. August 1889 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Greyerz, Minna von

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

                                                  

                                                      <Zeichnung>




                                                  Warum schreibst Du
mir nicht?, mich brennen wilde Höllengluten – Du konntest freilich nicht vermuten, daß diese durch Deinen letzten BriefWedekinds Brief vom 26.7.1889. entfacht wurden! – – Hohnlächle, schilt mich – es ist mir gleich, denn Erbarmen oder gar ein andres Empfinden wird Dich nicht für mich beseelen. | So – weiter habe ich eigentlich nichts zu sagen – nicht wahr, der Vulkanausbruch war kurz oder erschien Dir nicht einmal als Solcher und doch ist es in dieser Art vielleicht der Gewaltigste der mich durchbrauste, als ich vorhin anscheinend ruhig u wollüstig rauchend auf dem Divan lag; allein die Feder ist nicht beweglich genug Dir Näheres, Eingehenderes zu schildern. Solltest Du meinen allzugroßen, viel zu ausführlichen, deßhalb für Dich langweiligen Brief nicht bekommen haben? Glaube nicht, daß ich Dir in Zukunft, wenn Du mich zu lange warten läßt wieder solchen furiosen Wisch als | Mahnung sende, denn jetzt habe ich mich mir gegenüber selber ausgetobt u bin nun gefaßt: entweder auf Dein gänzliches Schweigen, (oder eine Zurechtweisung –, nein, offen gestanden auf die am allerwenigsten), Deine Gleichgültigkeit, Deine Nachsicht oder eine Satyre. – Satan, Abscheulichster, ich gestehe Dir, weil Du wol kein Gewissen hast, daß ich seit einiger Zeit an einem tollen BabySpitzname Franklin Wedekinds.-Fieber laborire – Niemand ahnt meine Leiden u wünsche es auch nicht, daß außer Dir, Du Höllengeselle, <jemandWahrscheinlich ein Schreibversehen Minna von Greyerz'. Eingefügt ist "jemand".> etwas davon erfahre. Prrrr!
     Soeben fiel eine Augen- | wimper hernieder. Drei Dinge darf man sich dann wünschen u ich wünschte: 1. Du wärst bereits eine literarische Berühmtheit 2. Du liebtest mich u 3. ich wäre Dein. Gelt ich bin kühn? oder gar absurd, bizarr? Was bist dann aber Du, daß ich mir solche Sprache vor Dir erlaube? O Höllenpein, nicht das zu sein, was man wol möchte! Alle Deine Gedichte, Briefe u sonstgeSchreibweise Minna von Greyerz'. Schriftstücke habe ich kürzlich wieder durchgelesen u dazu Deine Cigarretten vom letzten Winter geraucht u geträumt zurück in die teils so goldne Vergangenheit u vor in die noch graue Zukunft. Wenn Du aber denkst ich schicke Dir zum Schluß einen Kuß, so irrst Du Dich. Es grüßt Dich Deine
             Satanella Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Pinsel. Tinte. Tusche.
Schriftträger:
Papier. ca. 11 x 17 cm.. Klein-Oktav. Die Kopfseiten sind nicht gerade beschnitten, sondern ausgerissen. Gelocht.
Schreibraum:
Auf der ersten Seite oben:eine mit Tusche entworfene Zeichnung: In der Mitte ein Herz.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Da Wedekind auf der ersten Seite das Empfangsdatum, 17.8.1889, eingetragen hat, wurde der Brief wahrscheinlich am 15. oder 16.8.1889 verfasst.

Der Brief wurde, nach dem Empfangsdatum zu schließen, sehr wahrscheinlich am 16.8.1884 bei der Lenzburger Post aufgegeben. Wedekind hielt sich seit dem 5.7.1889 in München auf.

Erstdruck

Pharus I. Frank Wedekind. Texte, Interviews, Studien

Titel des Aufsatzes:
Eine Lenzburger Jugendfreundschaft. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Minna von Greyerz.
Autor:
Elke Austermühl
Herausgeber:
Elke Austermühl, Alfred Kessler, Hartmut Vinçon. Editions- und Forschungsstelle Frank Wedekind
Ort der Herausgabe:
Darmstadt
Verlag:
Verlag der Georg Büchner Buchhandlung
Seitenangabe:
406-407
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek. Monacensia (München) et Minna von Greyerz

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
089 419472-13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 56
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Familie Rudolf Bertschinger, Lenzburg, und dem Literaturarchiv der Monacensia, München, für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Minna von Greyerz an Frank Wedekind, 16.8.1889. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Prof. Dr. Hartmut Vincon

Zuletzt aktualisiert

07.08.2023 11:39