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Kennung: 3169

München, 20. März 1909 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

T. W.


Samstagder 20.3.1909..


Mein lieber, geliebter Frank,

vielen Dank für Deinen lieben Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 19.3.1909 (Brief).. Ich werde sehr froh sein, wenn diese Plagerei für Dich ein Ende hat. Im ersten Moment war ich ja sehr enttäuscht als ich Dein Telegrammvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 19.3.1909 (Telegramm). erhielt, aber bei ruhiger Überlegung sagte ich mir natürlich auch, dass es so besser und angenehmer für Dich ist. |

Viel Neues kann ich Dir nicht berichten. Annapamela ist Gottlob gesund und munter, und geht viel spazieren. Sie schickt Dir viele Küsse, sie würde selbst schreiben, aber sie liegt schon zu Bett.

Mittwoch war ich fast den ganzen Tag zu Hause, besorgte nur etwas in der Stadt. Donnerstag hatte ich Stunde bei Frl. SchmidEs dürfte sich um Therese Schmid handeln, Solotänzerin am Münchner Hofballett [vgl. Neuer Theater-Almanach 1909, S. 533], die in München (Rumfordstraße 42) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 514], „privat Tanzunterricht erteilte.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 105], und war abends in dem VortragArtur Kutschers vom Neuen Verein veranstalteter Vortrag am 18.3.1909 begann um 20 Uhr: „Der Donnerstag [...] im Russischen Hof stattfindende Vortragsabend, bei dem Dr. Artur Kutscher über ‚Das Künstlertheater und Max Reinhardt‘ sprechen wird, beginnt Punkt 8 Uhr.“ [Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 129, 18.3.1909, Morgenblatt, S. 2] In einer Kurzrezension heißt es über den Vortrag: „Nach einem Privatissimum über die Unterscheidungsmerkmale berufener und unberufener Kritik, gab der Vortragende, ohne im wesentlichen Neues zu sagen, eine übersichtliche Synthese der gegenwärtigen Situation der Künstlertheater-Idee und versuchte, die Ziele des Problems [...] mit klaren Worten aufzuzeigen.“ [-er: Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 132, 20.3.1909, Vorabendblatt, S. 2] Tilly Wedekind saß neben Gertrud Kutscher (geb. Schaper), Artur Kutschers Ehefrau, und begegnete Georg Fuchs, der das Münchner Künstlertheater leitete, sowie Karl Henckell.. Ich saß neben Fr. Kutscher, | deren Tantenicht identifiziert. Vormittags das Billett für mich abgegeben hatte. Von Bekannten waren Fuchs u. Henckell; es war furchtbar leer u. sehr stimmungslos. Nachher fuhr ich gleich in einer Droschke nach Hause. Gestern war ich den ganzen Tag zu Hause, las u. gieng auf der KugelFrank Wedekind hatte für Tilly Wedekinds „Auftritte im Einakter ‚Die Zensur‘ [...] eine Laufkugel angefertigt, auf der sie gehen sollte“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106].. Heute gieng ich Vormittag Bischen mit Frau Heinrichwohl Schreibversehen, statt: Langheinrich. ‒ Anna Langheinrich (geb. von Seidlitz) und ihr Mann Max Langheinrich waren mit Frank und Tilly Wedekind „eng befreundet.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106] spazieren, traf in der Elektrischenin der Trambahn (Straßenbahn). Frau Roda-RodaElsbeth Anna Freifrau von Zeppelin (geb. Leuckfeld von Weysen), die mit Alexander Roda Roda seit 1905 „in offener Ehe“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106] lebte – seit 1907 in München (Clemensstraße 2) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 465]. Sie dürfte sich mit Tilly Wedekind darüber unterhalten haben, dass ihr Mann in Wien und im Begriff war, als Kriegsberichterstatter nach Serbien zu gehen, wie diese von ihrem Mann wusste [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 19.3.1909 (Brief)]., | und war Nachmitttags bei der Schneiderinvermutlich bei Auguste Goebel, Damenschneiderin in München (Ainmillerstraße 32, Hinterhaus, Parterre) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 167; Teil II, S. 23; Adreßbuch für München 1910, Teil I, S. 171], die Tilly Wedekind ihr Kostüm für die Rolle der Kadidja in „Die Zensur“ schneiderte [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 5.2.1910].. Ich glaube Du wirst mit dem Costümmöglicherweise bereits „das Kostüm für ihre Rolle der Kadidja in ‚Die Zensur‘.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106] zufrieden sein.

Nun telegraphiere bald, wann ich Dich abholen darf, u. grüß’ Gerhäuser bestens von mir.

Innigst umarmt Dich
Deine Tilly

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13 x 17 cm. Mit aufgeprägtem Monogramm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit rotem Buntstift das Datum „20.3.09.“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Schreibdatum ist durch den Briefinhalt belegt.

  • Schreibort

    München
    20. März 1909 (Samstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Stuttgart
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
132
Briefnummer:
185
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 20.3.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

16.09.2023 19:04
Kennung: 3169

München, 20. März 1909 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

T. W.


Samstagder 20.3.1909..


Mein lieber, geliebter Frank,

vielen Dank für Deinen lieben Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 19.3.1909 (Brief).. Ich werde sehr froh sein, wenn diese Plagerei für Dich ein Ende hat. Im ersten Moment war ich ja sehr enttäuscht als ich Dein Telegrammvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 19.3.1909 (Telegramm). erhielt, aber bei ruhiger Überlegung sagte ich mir natürlich auch, dass es so besser und angenehmer für Dich ist. |

Viel Neues kann ich Dir nicht berichten. Annapamela ist Gottlob gesund und munter, und geht viel spazieren. Sie schickt Dir viele Küsse, sie würde selbst schreiben, aber sie liegt schon zu Bett.

Mittwoch war ich fast den ganzen Tag zu Hause, besorgte nur etwas in der Stadt. Donnerstag hatte ich Stunde bei Frl. SchmidEs dürfte sich um Therese Schmid handeln, Solotänzerin am Münchner Hofballett [vgl. Neuer Theater-Almanach 1909, S. 533], die in München (Rumfordstraße 42) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 514], „privat Tanzunterricht erteilte.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 105], und war abends in dem VortragArtur Kutschers vom Neuen Verein veranstalteter Vortrag am 18.3.1909 begann um 20 Uhr: „Der Donnerstag [...] im Russischen Hof stattfindende Vortragsabend, bei dem Dr. Artur Kutscher über ‚Das Künstlertheater und Max Reinhardt‘ sprechen wird, beginnt Punkt 8 Uhr.“ [Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 129, 18.3.1909, Morgenblatt, S. 2] In einer Kurzrezension heißt es über den Vortrag: „Nach einem Privatissimum über die Unterscheidungsmerkmale berufener und unberufener Kritik, gab der Vortragende, ohne im wesentlichen Neues zu sagen, eine übersichtliche Synthese der gegenwärtigen Situation der Künstlertheater-Idee und versuchte, die Ziele des Problems [...] mit klaren Worten aufzuzeigen.“ [-er: Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 62, Nr. 132, 20.3.1909, Vorabendblatt, S. 2] Tilly Wedekind saß neben Gertrud Kutscher (geb. Schaper), Artur Kutschers Ehefrau, und begegnete Georg Fuchs, der das Münchner Künstlertheater leitete, sowie Karl Henckell.. Ich saß neben Fr. Kutscher, | deren Tantenicht identifiziert. Vormittags das Billett für mich abgegeben hatte. Von Bekannten waren Fuchs u. Henckell; es war furchtbar leer u. sehr stimmungslos. Nachher fuhr ich gleich in einer Droschke nach Hause. Gestern war ich den ganzen Tag zu Hause, las u. gieng auf der KugelFrank Wedekind hatte für Tilly Wedekinds „Auftritte im Einakter ‚Die Zensur‘ [...] eine Laufkugel angefertigt, auf der sie gehen sollte“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106].. Heute gieng ich Vormittag Bischen mit Frau Heinrichwohl Schreibversehen, statt: Langheinrich. ‒ Anna Langheinrich (geb. von Seidlitz) und ihr Mann Max Langheinrich waren mit Frank und Tilly Wedekind „eng befreundet.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106] spazieren, traf in der Elektrischenin der Trambahn (Straßenbahn). Frau Roda-RodaElsbeth Anna Freifrau von Zeppelin (geb. Leuckfeld von Weysen), die mit Alexander Roda Roda seit 1905 „in offener Ehe“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106] lebte – seit 1907 in München (Clemensstraße 2) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 465]. Sie dürfte sich mit Tilly Wedekind darüber unterhalten haben, dass ihr Mann in Wien und im Begriff war, als Kriegsberichterstatter nach Serbien zu gehen, wie diese von ihrem Mann wusste [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 19.3.1909 (Brief)]., | und war Nachmitttags bei der Schneiderinvermutlich bei Auguste Goebel, Damenschneiderin in München (Ainmillerstraße 32, Hinterhaus, Parterre) [vgl. Adreßbuch für München 1909, Teil I, S. 167; Teil II, S. 23; Adreßbuch für München 1910, Teil I, S. 171], die Tilly Wedekind ihr Kostüm für die Rolle der Kadidja in „Die Zensur“ schneiderte [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 5.2.1910].. Ich glaube Du wirst mit dem Costümmöglicherweise bereits „das Kostüm für ihre Rolle der Kadidja in ‚Die Zensur‘.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 106] zufrieden sein.

Nun telegraphiere bald, wann ich Dich abholen darf, u. grüß’ Gerhäuser bestens von mir.

Innigst umarmt Dich
Deine Tilly

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13 x 17 cm. Mit aufgeprägtem Monogramm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit rotem Buntstift das Datum „20.3.09.“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Schreibdatum ist durch den Briefinhalt belegt.

  • Schreibort

    München
    20. März 1909 (Samstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Stuttgart
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
132
Briefnummer:
185
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 20.3.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

16.09.2023 19:04